Kompromiss im Ärztestreit: Kollaps des Gesundheitssystems vorerst abgesagt
Vierzehn Tage verblieben nur noch bis zum drohenden Massenexodus tschechischer Ärzte aus den Krankenhäusern. Die Gewerkschafter und Gesundheitsminister Leoš Heger haben aber nach vielen Monaten des Streits am Montag endlich zu einer Einigung gefunden. Beide Seiten mussten dabei Federn lassen. Trotzdem: Noch immer steht nicht fest, ob damit das letzte Wort im Ärztestreit gesprochen ist.
„Der größte Gewinn besteht darin, dass die Bedingungen für die Ärzte in tschechischen Krankenhäusern nicht mehr so schlecht sein werden. Die Löhne werden erhöht und damit müssen die Ärzte nicht mehr so viele Überstunden leisten, um sich das Gehalt aufzubessern.“
Nach dem Memorandum, das die beiden Seiten am Montag abgeschlossen haben, bekommen die Ärzte monatlich um 5000 bis 8000 Kronen (bis rund 330 Euro) mehr, je nach ihrer Berufserfahrung. Das durchschnittliche Einkommen würde somit von 48.000 auf 55.000 Kronen (also bis auf ca. 2270 Euro) steigen. Für das nächste Jahr hat Heger versprochen, die Löhne um weitere zehn Prozent zu erhöhen. Auf das von den Gewerkschaften geforderte Niveau des Eineinhalb- bis Dreifachen des Durchschnittslohns in der Tschechischen Republik sollen die Ärztelöhne erst im Jahr 2013 steigen. Dann, so hofft Heger, wird es eine Gesundheitsreform geben, die eine Finanzierung aus dem Gesundheitswesen heraus möglich macht, also ohne Zuschlag seitens der Regierung. Der Gesundheitsminister wirkte nach den Verhandlungen erleichtert. Wenigstens für dieses Jahr könnte der Kompromiss für Frieden sorgen:„Ich wäre sehr froh, wenn es klappen würde. Dann würden sich nämlich im Gesundheitswesen nicht nur die Technologie, sondern auch die Personalbelange weiter entwickeln. Das Personal ist seit zwanzig Jahre chronisch unzufrieden, was viele Dinge im Gesundheitswesen unglaublich kompliziert macht.“Von der halben Milliarde, die am Anfang dem Pflegepersonal versprochen wurde, sind am Ende nur 100 Millionen Kronen (etwas mehr als vier Millionen Euro) übriggeblieben. Dagmar Žitníková von der Gewerkschaft des Pflegepersonals erklärte, dieses Versprechen sei von Anfang an unrealistisch gewesen. Minister Heger habe während der Verhandlungen zugegeben, man habe falsch gerechnet. Obwohl die Krankenschwestern damit die Verlierer der Verhandlungen sind, zeigten sie sich einsichtig.
„Für uns ist es sehr wichtig, dass das Abkommen unterschrieben wird. Wir denken, die paar Hundert Kronen, die jede Krankenschwester bekommen würde, sind es nicht wert, das Leben der Patienten aufs Spiel zu setzen und das ganze Gesundheitswesen zu gefährden“, so Žitníková.Im nächsten Jahr will dann aber auch das Pflegepersonal eine zehnprozentige Lohnerhöhung durchsetzen.
Grund zum Feiern gibt es im Ärztestreit aber immer noch nicht. Das große Fragezeichen bleiben noch bis Mittwoch die Ärztegewerkschaften LOK. Ihr Chef Martin Engel kann mit Minister Heger nämlich aushandeln, was er will – wenn die Regionalchefs der Gewerkschaften „nein“ sagen, steht die Gesundheitsversorgung des Landes abermals vor dem Abgrund.