Konjunkturumfrage der DTIHK: Die größte Herausforderung bleibt die technische Berufsausbildung

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Rund 140 vorwiegend deutsche Unternehmer haben an der diesjährigen Frühjahrs-Konjunkturumfrage der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (DTIHK) teilgenommen.

Pavel Roman  (Foto: Archiv Bosch)
Fast 92 Prozent aller deutschen Investoren in Tschechien würden sich noch einmal für einen Standort hierzulande entscheiden. Das ergab die Konjunkturumfrage der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer. Insgesamt zeigten sich die Unternehmer mit der wirtschaftlichen Gesamtlage zufrieden. So auch Pavel Roman, der stellvertretend für das deutsche Maschinenbauunternehmen Bosch spricht.

„Ich denke, dass das vergangene Jahr sehr erfolgreich war, die Zahlen werden wir kommenden Monat veröffentlichen. Auch dieses Jahr scheint sehr stabil, es bestehen gute Aussichten. Ich denke, dass die Konjunkturumfrage die Lage der tschechischen Wirtschaft insgesamt realistisch abbildet.“

Unternehmen Bosch in Jihlava  (Foto: Archiv Bosch)
Die hohe Zufriedenheit der Unternehmer lässt sich auch auf den Standort Tschechien zurückführen. Bei der Wahl der besten Standortfaktoren antworteten die deutschen Unternehmer ähnlich wie in den Vorjahren. Pavel Roman:

„Wir haben hier die Möglichkeit, uns zu entwickeln. Hier konzentriert man sich auf den traditionellen, industriellen Maschinenbau, der weltweit den größten Teil des Portfolios von Bosch ausmacht. Hier gab es zudem die passenden Unternehmen, die das Potential hatten, sich zu entwickeln. Hier hat die ganze Palette der tschechischen Standortfaktoren eine Rolle gespielt, das heißt: eine gute Infrastruktur, ein stabiles politisches Umfeld, eine ausreichend hohe Anzahl technisch qualifizierter Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem insgesamt sehr angenehme Arbeitskosten.“

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Zu den fünf schlechtesten Standortfaktoren zählten die Investoren die mangelnde Bekämpfung von Korruption und Kriminalität und die Intransparenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Auf dem dritten Platz folgten das undurchsichtige Steuersystem und die überbordende öffentliche Verwaltung. Daran, dass Tschechien den Euro noch nicht eingeführt hat, stören sich die wenigsten Unternehmer. Christian Rühmkorf ist Pressesprecher der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer.

„Alles in allem sind die positiven Standortfaktoren in Tschechien einfach doch so stark, dass die Euro-Einführung nicht das entscheidende Argument für oder gegen eine Investition in Tschechien wäre. Man kann sich mit gewissen Umständen arrangieren. So lange der Gewinn gut ist und der ganze Verwaltungsaufwand rund um Währungsgeschichten diesen Gewinn nicht reduziert, kann man sich offenbar mit dieser Situation arrangieren und es funktioniert ja auch.“

Bernard Bauer  (Foto: Archiv von Bernard Bauer)
Schon seit Jahren pochen rund 50 Prozent der Investoren auf die Einführung des Euro. So auch in diesem Jahr. Trotzdem sind die Unternehmer zufrieden mit der Wirtschaftslage in Tschechien und bewerten den Standort nach wie vor als sehr attraktiv.

Auch die Ukraine-Krise wirkt sich kaum negativ auf den deutsch-tschechischen Handel aus. DTIHK-Geschäftsführer Bernard Bauer beobachtet sogar eine positive Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland:

„Die Region Mittelosteuropa hat von den Sanktionen gegenüber Russland auch profitiert, muss man sagen. Wir konnten das im vergangenen Jahr sehr schön beobachten. Der bilaterale Handel (mit Deutschland, Anm. Red.) ist noch einmal um sieben Milliarden Euro angestiegen. Davon hat Tschechien auch profitiert, muss man so sagen, so Bauer.“

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Das überraschendste Ergebnis zeichnete sich im Hinblick auf die aktuelle Wirtschaftslage in Tschechien ab. Im Vorjahr hatten 16 Prozent der Befragten die Lage als „gut“ eingeschätzt. In diesem Jahr waren es mit 29 Prozent fast doppelt so viele. Gleichzeitig sank die Zahl der Unzufriedenen auf 7 Prozent. Einen solch niedrigen Wert hatte die DTIHK zum letzten Mal im Jahr 2008 verzeichnet, also ein Jahr vor der großen Wirtschaftskrise. Im letzten Jahr waren es noch satte 19 Prozent, die mit der allgemeinen Wirtschaftslage in Tschechien unzufrieden waren. Christian Rühmkorf, Pressesprecher der DTIHK.

„Ein anderer Punkt ist sicherlich auch, dass es in Tschechien jetzt seit über einem Jahr so etwas wie politische Stabilität gibt, die es vorher nicht gab. Da gab es wechselnde Regierungen und man wusste gar nicht, ob der Verhandlungspartner in den Ministerien, mit dem man über bestimmte Dinge gesprochen hat, auch noch in ein bis zwei Monaten dort sitzen wird oder ob sein Nachfolger die Agenda übernimmt.“

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Noch optimistischer beurteilen die Unternehmer die Geschäftslage des eigenen Unternehmens. Knapp über die Hälfte der Befragten befand diese als „gut“. Dieser Optimismus spiegelt sich auch im Hinblick auf die Zukunft wider. Die Höhe der Investitionsausgaben von deutschen Unternehmern wird laut Umfrage steigen oder gleich bleiben. Auch die Antworten zur Beschäftigungsprognose geben Hinweise auf einen positiven Trend. 35 Prozent der Unternehmer planen mehr Mitarbeiter einzustellen. 59 Prozent wollen genauso viele Menschen beschäftigen wie im Vorjahr. Nur 6 Prozent der deutschen Unternehmer haben vor, Stellen in Tschechien zu streichen.

Aus der Umfrage ging ebenfalls hervor, dass Tschechien beliebtester Standort in Mittelosteuropa bleibt.

Christian Rühmkorf  (Foto: Archiv von Christian Rühmkorf)
„Natürlich hat die große Zustimmung zum Investitionsstandort Tschechien positiv überrascht. Dass 92 Prozent sagen: Ja, wir würden wieder in Tschechien investieren. Das ist ein absoluter Rekordwert, den hatten wir noch nie.“

Bei all den positiven Ergebnissen zeigt die Umfrage dennoch eine große Schwachstelle am Standort Tschechien auf. Die „Qualifikation der Arbeitnehmer“ wurde von den Befragten zum ersten Mal nicht in die Reihe der wichtigsten Standortfaktoren aufgenommen. Christian Rühmkorf:

„Noch ist das nicht in allen Bereichen zu spüren. Und alle sagen immer: Ja, das geht ja noch. Aber wir reden hier über Entwicklungen, die in den nächsten fünf Jahren stattfinden und wenn ich jetzt eine Ausbildung reformiere und modernisiere, dann habe ich erst in vier bis fünf Jahren etwas von den Absolventen.“

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Pavel Roman, Sprecher der Robert Bosch GmbH in Tschechien, sieht den Stand der beruflichen Bildung in Tschechien ebenfalls sehr kritisch.

„Der Bildung darf nicht weniger Beachtung geschenkt werden als in Deutschland. Es reicht sich anzuschauen, wie sich Deutschland der technischen Ausbildung widmet und wie Tschechien.“

Laut Geschäftsführer Bernard Bauer drängt die Handelskammer schon seit Jahren auf eine Reform der Berufsbildung hierzulande. 2015 setzt die tschechische Regierung zum ersten Mal ein positives Signal. Bernard Bauer:

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„Begrüßenswert ist, dass die tschechische Regierung für das Jahr 2015 das Jahr der Ausbildung, und zwar der technischen Ausbildung und der Industrie gewählt hat und sich in diesem Jahr auch sehr dafür einsetzen wird. Wir hoffen, dass es auch entsprechend umgesetzt wird.“

Auch wenn die Ergebnisse der Konjunkturumfrage für das Jahr 2015 eindeutig auf eine positive Entwicklung der tschechischen Wirtschaft hinweisen, bleiben für die einzelnen Unternehmen dennoch viele Herausforderungen. Pavel Roman:

„Die größte Herausforderung wird sein, die öffentliche Meinung und vor allem die Meinung der Eltern und Kinder zu ändern, was die technische Ausbildung angeht, damit die Eltern keine Angst haben, die Kinder technische Berufe ergreifen zu lassen. Ganz im Gegenteil: Die Eltern sollen diese Berufe attraktiv finden uns darin die Zukunft der Kinder in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren sehen.“

Die vollständigen Ergebnisse der Konjunkturumfrage lassen sich auf den Internetseiten der DTIHK einsehen.