Korruptionsskandal: Abgeordneter Rath darf im Parlament sprechen

David Rath

Der verhaftete Abgeordnete und ehemalige Kreishauptmann David Rath darf bei der Parlamentssitzung am Dienstag kommender Woche öffentlich auftreten. Die tschechische Staatsanwaltschaft hat dafür am Dienstag grünes Licht gegeben.

David Rath
Der Abgeordnete und ehemalige Kreishauptmann David Rath war vor mehr als zwei Wochen verhaftet worden, kurz nachdem er umgerechnet 270.000 Euro entgegengenommen hatte. Die Polizei vermutet, dass es sich um Bestechungsgeld handelt, was Rath aber bestreitet. Derzeit sitzt er in Untersuchungshaft, gegen ihn wird wegen Korruption im Zusammenhang mit der Beantragung von EU-Geldern ermittelt. In der vergangenen Woche hat der Immunitätsausschuss entschieden, Rath soll seine Immunität als Abgeordneter verlieren und an die Justiz zur Strafverfolgung ausgeliefert werden. Die endgültige Entscheidung kann aber nur das Plenum des Abgeordnetenhauses treffen. Dazu soll es am 5. Juni kommen. Rath will vor seinen Kollegen eine Rede halten, wozu er am Dienstag die Zustimmung der Staatsanwaltschaft erhalten hat. Staatsanwältin Lenka Bradáčová:

Lenka Bradáčová
„Ich habe zwei Werte gegeneinander abgewogen. Einerseits ist es die Befürchtung, dass es bei einer öffentlichen Rede des Abgeordneten Rath zur Beeinflussung von Zeugen kommen kann. Das ist einer der Gründe, die das Gericht zum Beschluss über die Haftverhängung geführt haben. Sollte Doktor Rath nicht im Abgeordnetenhaus auftreten, dann könnte andererseits der ganze Auslieferungsprozess später als illegitim und verfassungswidrig bezeichnet werden. Dies ist für mich ein wesentlich höheres Risiko. Diese Meinung wird auch von einer ganzen Reihe von Verfassungsrechtexperten geteilt. Für uns wäre es natürlich am besten, wenn die Sitzung des Abgeordnetenhauses nicht öffentlich wäre, diese Entscheidung liegt allerdings ganz in der Kompetenz der Abgeordneten.“

Die Meinungen der Abgeordneten darüber, ob der verhaftete Abgeordnete im Parlament auftreten soll, gehen auseinander. Ob die Sitzung öffentlich oder geschlossen sein soll, darauf hat man sich indes geeinigt – bis auf die Kommunisten, die noch keine klare Stellung bezogen haben. Der Vorsitzende des verfassungsrechtlichen Ausschusses des Abgeordnetenhauses, Marek Benda, von der Demokratischen Bürgerpartei (ODS):

„Meiner Meinung nach wäre es richtiger, Rath gar nicht erst aus dem Gefängnis zu holen. Ich sehe keinen Grund dafür, dass er gerade in seiner Sache spricht. Wenn er im Abgeordnetenhaus aber auftritt, dann ist es natürlich richtig, dass die Sitzung öffentlich ist. Es wird immer etwas nach außen dringen, wenn alle Handys bei sich haben, wenn Abgeordnete gewöhnt sind, ihre Kollegen abzuhören. Es würde sowieso alles online nach außen übertragen.“

Jeroným Tejc  (Foto: Archiv der ČSSD)
Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten Jeroným Tejc:

„Ich finde es gut – nicht nur in diesem Fall, sondern auch in möglichen künftigen Fällen, die nicht so eindeutig sein müssen –, dass jeder Abgeordnete, der durch die Immunität geschützt wird, die Möglichkeit bekommt, sich sowohl vor dem Ausschuss als auch vor dem Plenum zu verteidigen. Die Sozialdemokraten werden für eine öffentliche Sitzung stimmen. Meiner Meinung nach ist es wesentlich besser und transparenter, wenn die Sitzung offen ist und die Informationen nicht gefiltert und entstellt werden.“

Rath darf indes nicht an der gesamten Sitzung teilnehmen. Seine Anwesenheit wurde nur für den Zeitraum bewilligt, solange das Abgeordnetenhaus über die Aufhebung seiner Abgeordnetenimmunität debattiert. Wie sich Raths Anwesenheit im Parlament gestalten wird, steht noch offen. Jeroným Tejc:

Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
„Ich wünsche nicht, dass Polizisten mit Helmen, kugelsicheren Westen und Maschinenpistolen durch das Abgeordnetenhaus gehen. Weit einfacher und geeigneter wäre, wenn David Rath von einem möglichst unbewaffneten Polizisten in den Saal begleitet würde. Dessen Aufgabe wäre es aufzupassen, dass David Rath nicht mit anderen Personen in Kontakt kommt, mit ihnen privat spricht und sie beeinflusst.“