Korruptionsskandal erschüttert tschechische Regierungspartei

Petr Hlubuček

Die tschechische Regierung steht vor einigen Veränderungen. Wegen einer Korruptionsaffäre in der Regierungspartei der Bürgermeister und Unabhängigen (Stan) tritt ihr Bildungsminister Petr Gazdík zum 30. Juni zurück.

Petr Gazdík | Foto: Michal Krumphanzl,  ČTK

Ein Korruptionsskandal ist in der vergangenen Woche in der Prager Politik ausgebrochen. Im Verdacht auf Bestechung rund um die Prager Verkehrsbetriebe wurden Ermittlungen gegen elf Personen eingeleitet. In Untersuchungshaft sind seit Freitag unter anderem der stellvertretende Oberbürgermeister Petr Hlubuček (Stan) sowie der umstrittene Unternehmer und Lobbyist Michal Redl. Eben wegen seiner Kontakte zu Redl kündigte am Sonntag auch Bildungsminister Petr Gazdík (Stan) seinen Rücktritt an. Er zählt allerdings selbst nicht zu den Verdächtigen.

Er fühle sich nicht schuldig, wolle aber Schaden von seiner Partei (Stan) und der Koalition abwenden, begründete Gazdík seinen Schritt. Er wolle die Regierung an der Schwelle zur EU-Ratspräsidentschaft nicht ins Wanken bringen. Seine Kontakte zu Redl halte er für einen Fehler beziehungsweise für Naivität, was für einen Politiker auch ein Fehler sei, so Gazdík weiter. Dafür fühle er sich schuldig, keinesfalls aber für die Teilnahme an einer kriminellen Verschwörung, schrieb der Noch-Minister auf Twitter.

Vít Rakušan | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

Vertreter der Opposition fordern nun viel stärkere Konsequenzen als nur den Rücktritt des Ministers für Schulwesen und Jugend. Sie verlangen, der Stan-Parteichef, Vít Rakušan solle vom Posten des Innenministers zurücktreten.

Rakušan erwägt einen solchen Schritt allerdings nicht, wie er am Sonntag bei einer Diskussionssendung im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen betonte:

„Ich bin auf keinerlei Weise in diese Causa involviert. Dies ergibt sich auch aus Informationen, die bisher aus den Polizeiakten an die Öffentlichkeit gelangt sind. Ich habe den genannten Herrn Redl nie gesehen und habe auch seine Telefonnummer nicht.“

Michal Redl | Foto: Michaela Říhová,  ČTK

Die Stan-Partei ist allerdings durch den Skandal rund um mehrere ihrer Mitglieder tief erschüttert. Wegen seiner Kontakte mit dem Lobbyisten Redl, der als graue Eminenz der Bürgermeisterpartei gilt, hat am Montag auch der Europa-Abgeordnete Stanislav Polčák seine Parteimitgliedschaft ausgesetzt. Zudem soll der Direktor der tschechischen Post, Roman Knap, das Staatsunternehmen verlassen. Der für den Herbst geplante Parteikongress von Stan wurde nun in die Sommermitte verschoben. Die Mitglieder werden dabei eine komplette neue Führung wählen. Rakušan will seine Position als Vorsitzender verteidigen.

Petr Fiala | Foto: Václav Šálek,  ČTK

Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) lobte in einer ersten Reaktion die Rücktrittsentscheidung des Bildungsministers. Er sehe aber keinen Grund für weitere Personalschritte:

„Meiner Meinung nach ist offensichtlich, dass die Polizei und die Straforgane völlig unabhängig arbeiten. Dies ist gut und muss so sein. Ich sehe keinen Grund für eine Umbildung des Kabinetts. Wir werden uns mit den Folgen der Causa selbstverständlich weiter befassen und alles dafür tun, damit sich so etwas nicht mehr wiederholen kann.“

Petr Hlubuček | Foto: Michaela Říhová,  ČTK

Es handelt sich um einen der größten Korruptionsfälle der letzten Jahre, und er scheint von der Kommunalebene bis in die Spitzen der Politik zu reichen. Die Polizei hat am Mittwoch vergangener Woche eine Razzia an mehreren Orten Prags durchgeführt, unter anderem das Magistratsbüro von Hlubuček. Die Gruppe der Verdächtigten soll öffentliche Ausschreibungen beeinflusst, Bestechungsgelder eingestrichen und Positionen bei den Verkehrsbetrieben systematisch besetzt haben. Dabei wurde sehr professionell vorgegangen, also etwa wurden Spitznamen und verschlüsselte Telefone verwendet sowie konspirative Räumlichkeiten. An der Spitze der Gruppe soll neben anderen eben Redl gestanden haben. Er wurde in der Vergangenheit bereits im Zusammenhang mit dem berüchtigten Gangsterboss Radovan Krejčíř als Betrüger verurteilt – und entging damals einer Gefängnisstrafe, weil er sich als unmündig erklären ließ.