Kreis- und Senatswahlen in Tschechien auch in den Hochwassergebieten? Manche haben Bedenken
Die Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser in Tschechien werden teils noch Wochen oder Monate dauern. Doch schon diesen Freitag und Samstag stehen landesweit die Regionalwahlen an und zudem die Senatswahlen für ein Drittel der Wahlkreise. Wie fair können sie angesichts der Lage sein?
Die Stadt Opava / Troppau wurde besonders stark vom Hochwasser in Tschechien getroffen. Das gleichnamige Flüsschen Opava hatte sich in einen reißenden Strom verwandelt und war in Teile einer Hochhaussiedlung geflossen. Aber dennoch sollen in der Stadt im schlesischen Teil des Landes am Freitag und Samstag die Kreis- und Senatswahlen abgehalten werden. Oberbürgermeister Tomáš Navrátil (Partei Ano) war sich am Montag aber nicht sicher, ob dies überhaupt möglich sein werde. Im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen sagte er:
„Wir haben uns ein Bild von der Lage gemacht, und 13 der 59 Wahllokale in Opava standen so unter Wasser, dass sie nicht genutzt werden können. Die Wahllokale können wir aber auch nicht ersetzen. Und wir haben zudem keine Möglichkeit, alle Bürger darüber zu informieren, an welchem anderen Ort sie wählen gehen könnten.“
Denn regelmäßig falle der Strom aus, und einige Trafostationen dürften für längere Zeit außer Betrieb bleiben, so der Oberbürgermeister. Zudem fehlt seinen Worten nach das Personal für die Wahlkommissionen, die den Verlauf des Urnengangs absichern sollen. Tomáš Navrátil sprach sich deswegen am Montagnachmittag dafür aus, die Wahlen auf einen späteren Termin zu verschieben.
Auch Präsident Petr Pavel machte sich Gedanken über den Urnengang, in dem über die Zusammensetzung der Parlamente in 13 Kreisen Tschechiens und über ein Drittel der Senatoren entschieden wird…
„Wir haben wohl alle ein Interesse daran, dass die Wahlen nicht nur im Einklang mit den Gesetzen ablaufen, sondern auch regulär. Dafür bestehen aber derzeit nicht überall die nötigen Bedingungen. Falls sich nicht an allen Orten reguläre Bedingungen für die Wahlen sicherstellen lassen, dann gibt es wohl gute Argumente, um sie zu verschieben – falls sich dafür der Rechtsweg finden lässt“, so das Staatsoberhaupt.
Juristen befürchten, dass verstärkt die Wahlen angefochten werden und Gerichte ihre Wiederholung in einigen Wahlkreisen anordnen könnten. In diesem Sinn äußerte sich beispielsweise der Verfassungsrechtler Ondřej Preuss von der Prager Karlsuniversität für den Webauftritt des Tschechischen Rundfunks.
Mit der Frage hat sich daher auch die Regierung in den vergangenen Tagen auseinandergesetzt. Beim Innenministerium wurde außerdem eine Arbeitsgruppe gebildet, die Hilfe für jene Orte koordinieren soll, in denen Probleme mit der Durchführung der Wahlen bestehen.
Am Montagabend bei der Pressekonferenz nach der Sondersitzung des Regierungskabinetts sagte Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten):
„Wir haben alles sehr sorgfältig abgewogen. Wir waren in Kontakt mit den Hauptleuten der Kreise, und die haben sich eindeutig für die Wahlen zum regulären Termin ausgesprochen. Heute haben Vizepremier Rakušan und ich auch die Bürgermeister in den am stärksten betroffenen Städten und Gemeinden direkt gefragt, ob sie sich vorstellen können, die Wahlen durchzuführen. Die Antwort war ja. Dazu besteht die Arbeitsgruppe, die alle Probleme vor Ort lösen wird. Nachdem wir alles bewertet haben, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Wahlen zum geplanten Termin stattfinden.“
Tschechien hat bereits vor vier Jahren zu Corona-Zeiten bei den Kreis- und Senatswahlen improvisieren müssen. Damals wurden mobile Wahllokale eingerichtet, die zu Menschen fuhren, die in Isolation waren. Auch am Freitag und Samstag soll es so etwas wie mobile Wahllokale geben – sichergestellt unter anderem von der Feuerwehr und dem Militär, wie Vizepremier und Innenminister Vít Rakušan (Stan) präzisierte.
Und die Gefahr von Klagen wegen einer möglichen Irregularität der Wahl? Laut Premier Fiala besteht sie ebenfalls, würde man die Abstimmung verschieben.
„Man muss von der anderen Seite auf diese Frage schauen. In den allergrößten Teilen Tschechiens gibt es keine Probleme mit der Organisation der Wahlen. Könnte dann nicht die Regularität ebenso angezweifelt werden, wenn der Urnengang nicht stattfindet und zeitlich verschoben wird? Wenn also eine angemessene Sicherheit besteht, dass wir die Wahlen auch an den am stärksten geschädigten Orten durchführen können, dann spricht nichts dagegen“, so der Regierungschef.
Laut Fiala muss zudem der Notstand ausgerufen werden, um den Wahltermin zu ändern. Der könne aber ebenfalls angefochten werden, betonte der Premier. Ohnehin werden nach praktisch jeder Wahl in Tschechien die Ergebnisse in dem einen oder anderen Wahlkreis angezweifelt. Es bleibt also spannend, ob sich die entsprechende Zahl nun deutlich erhöht und was dazu letztlich die Gerichte sagen, sollten sie eingeschaltet werden. Von der Partei Ano als stärkster Oppositionskraft verlautete im Übrigen, dass man die Entscheidung der Regierung respektiere.