Senatswahl: Opposition legt kräftig zu, Sozialdemokraten erleiden Debakel
Die tschechische Regierung – gebildet von der Partei Ano und den Sozialdemokraten, und toleriert von den Kommunisten – hat offenbar an Kredit eingebüßt. Das belegen die Ergebnisse der Teilwahlen zum Senat, die am Samstag abgeschlossen wurden.
Der Senat ist die obere Kammer des tschechischen Parlaments. Er hat 81 Sitze. Alle zwei Jahre wird ein Drittel der Mandate neu vergeben. In den 27 Wahlbezirken, in denen diesmal Senatoren gewählt wurden, hatte sich die Partei der Bürgermeister und Unabhängigen (kurz: Stan) schon im ersten Wahlgang einen Sitz gesichert. Ihr Kandidat Zbyněk Linhart erhielt auf Anhieb über 50 Prozent der Stimmen. Bei der Stichwahl am vergangenen Freitag und Samstag in den restlichen 26 Wahlkreisen setzten sich schließlich alle weiteren zehn Kandidaten von Stan durch. Entsprechend euphorisch reagierte der Vorsitzende der Bürgermeisterpartei, Vít Rakušan:
„Wir haben jetzt tatsächlich die stärkste Fraktion im Senat. In der zweiten Wahlrunde haben wir einen 100-prozentigen Erfolg errungen. Für mich ist das etwas Unglaubliches, denn davon haben wir nicht einmal zu hoffen gewagt.“
Bei der diesjährigen Senatswahl hatte Stan vier Sitze zu verteidigen, tatsächlich wurden sieben weitere hinzugewonnen. Auch die Bürgerdemokraten (ODS) konnten zulegen, sie holten drei Mandate mehr als vor sechs Jahren. Nicht so gut schnitten die Christdemokraten (KDU-ČSL) ab, sie verteidigten nur drei ihrer fünf Sitze. Dennoch war Parteichef Marian Jurečka mit dem Ergebnis zufrieden:
„Die Wahlen haben den Oppositionsparteien einen deutlichen Sieg beschert. Daraus lässt sich eine klare Botschaft ableiten: Die Menschen in der Tschechischen Republik sind gegenwärtig unzufrieden mit der Arbeit der Regierung.“
Eine Woche zuvor hatte die Partei Ano von Premier Andrej Babiš bei den Kreiswahlen noch leicht zugelegt, in der Senatswahl verlor sie allerdings einen ihrer zwei Sitze in den 27 Wahlbezirken. Der Parteichef sieht das aber nicht als Beinbruch:
„Ano ist bei den Senatswahlen noch nie besonders erfolgreich gewesen. Von daher ist das für mich keine Überraschung. Jetzt werden wir sehen, ob es auf dem Posten des Senatschefs einen Wechsel geben wird. Sollte es ihn geben, so ist zu hoffen, dass er von einem Senator bekleidet wird, der mit der Regierung zusammenarbeiten will.“
Dies war ein kleiner Seitenhieb auf den noch amtierenden Senatschef Miloš Vystrčil. Der Bürgerdemokrat ist durch seine etwas eigenmächtige Reise nach Taiwan in der Gunst des Kabinetts gesunken. Richtig auf die Nase gefallen sind indes die mitregierenden Sozialdemokraten. Sie konnten keinen einzigen der zehn Sitze verteidigen, die sie vor sechs Jahren erkämpft hatten. Parteichef Jan Hamáček musste daher eingestehen:
„Diese Wahlen sind ein Debakel für die Regierung, insbesondere aber für die Sozialdemokraten. Denn wir haben kein einziges Mandat geholt. Wir müssen nun nach den Gründen suchen. Ob das mit der Atmosphäre der zurückliegenden Wochen zu tun hat, in denen wir wirklich unter dem Druck der Umstände lagen, ist schwer zu sagen. Das müssen wir auswerten. Auf alle Fälle aber stimmt, dass dies eine Niederlage für die Sozialdemokraten ist.“
Mit den widrigen Umständen meinte Hamáček ganz klar die zweite Welle der Coronavirus-Pandemie, die seit Anfang September über Tschechien hereingebrochen ist. Im Frühling hatten die zügig und konsequent durchgeführten Maßnahmen der Regierung das Virus noch relativ schnell stoppen können. Nun sieht es aber anders aus, ständig wurden in den vergangenen Wochen neue Rekord-Tageszuwächse gemeldet. Die Regierung selbst hat bereits eingeräumt, dass die Lockerungen vom Sommer wohl ein Fehler gewesen waren. Dazu sagte der Kommentator des Tschechischen Rundfunks, Petr Šabata, unter anderem:
„Unzweifelhaft hat das amateurhafte Vorgehen der Regierung im Kampf gegen das Virus zum Misstrauen beigetragen. Doch es wäre ein Irrtum zu glauben, dass die tschechische Gesellschaft vor Corona ein Aushängeschild des gesellschaftlichen Vertrauens gewesen wäre. Sie war es nicht.“
In seinem weiteren Kommentar verweist Šabata dabei auf eine Umfrage, die der Rundfunk vor einem Jahr anlässlich des 30. Jahrestages der Samtenen Revolution in Auftrag gegeben hatte. Dabei stellte sich heraus, dass über die gesamte Gesellschaft hinweg den sogenannten Institutionen der Macht, also den Gerichten, der Polizei und anderen Organen, das größte Vertrauen entgegengebracht wird. Den politischen Institutionen, der Regierung und dem Parlament, begegnet man indes eher mit Misstrauen.