Kriege beunruhigen Tschechen: Ein Drittel plädiert für erneuten Grundwehrdienst

Foto: Archiv Radio Prag

Die kriegerischen Konflikte, die es gegenwärtig in der Welt gibt, beschäftigen auch die Bürger Tschechiens. 46 Prozent von ihnen haben die Befürchtung, dass sich einige der Auseinandersetzungen ausweiten und so auch das eigene Land gefährden könnten. Das geht aus einer Umfrage hervor, die der Tschechische Rundfunk vor kurzem in Auftrag gab. Laut dieser Umfrage ist ein Drittel der Tschechen zugleich dafür, den Grundwehrdienst wieder einzuführen.

Foto:  Archiv Radio Prag
Die Tschechische Republik hat seit 2005 eine Berufsarmee. Seitdem gibt es für junge Männer nicht mehr die Pflicht zum Grundwehrdienst. Die allgemeine Wehrpflicht indes besteht noch, und zwar für Bürger von 18 bis 60 Jahren – allerdings nur im Falle der Bedrohung des Landes oder im Kriegszustand. Trotzdem hält es 37 Prozent der Bevölkerung für sinnvoll, den Grundwehrdienst wieder einzuführen. Daniel Prokop vom Meinungsforschungsinstitut Median, das die Rundfunk-Umfrage durchführte:

„Die Menschen, die befürchten, dass sich die regionalen Kriege zu einem globalen Konflikt ausweiten könnten, befürworten den Grundwehrdienst besonders. Das wird vor allem im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ostukraine spürbar.“

Daniel Prokop  (Foto: ČT24)
Laut Prokop aber gibt es zumindest noch einen zweiten Grund für den Wunsch nach einer Stärkung des militärischen Potenzials:

„Immer wenn die Gesellschaft scheinbar in einer Krise steckt, haben viele Leute das Gefühl, dass man wieder zu einer altbewährten Ordnung zurückkehren müsse. Dazu dürfte auch die Meinung gehören, dass es nötig sei, die Erziehung junger Männer durch den Grundwehrdienst zu gewährleisten.“

Ein Verfechter dieser Meinung ist der christdemokratische Senator Jiří Čunek:

Foto: Olga Haladová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
„Die jungen Männer sind heutzutage absolut nicht darauf trainiert, Disziplin zu wahren. Wer sollte sie daher im Ernstfall befehligen können?“

Senator Čunek nennt indes noch einen weiteren Grund für seine Überzeugung:

„Es geht grundsätzlich um Folgendes: Ein Land, das sich selbst schützt und somit zeigt, dass es in der Lage ist, das Vaterland und seine Bürger zu verteidigen, ist ein moralisch starkes Land.“

Antonín Seďa  (Foto: Archiv des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik)
In diesem Zusammenhang verweist Čunek auf das Jahr 1939, als die damalige Tschechoslowakei von Hitlerdeutschland besetzt wurde. Das geschah ohne Gegenwehr, weil Tschechen und Slowaken ihr Schicksal zuvor in die falschen Hände von Dritten gelegt hatten.

Nach Auffassung des sozialdemokratischen Abgeordneten Antonín Seďa aber ist dieser Zug abgefahren. Die Politik habe sich nach der Jahrhundertwende für die Bildung einer Berufsarmee entschieden, die Umstrukturierung sei indes immer noch nicht abgeschlossen. Seďa erläutert ein Defizit anhand der aktiven Reserve:

„Die aktive Reserve bilden wird gegenwärtig von nur etwas mehr als 1000 Männer gebildet, einkalkuliert aber waren ursprünglich rund 5500 Mann. Sie sollten die eigentliche Truppenstärke der Berufsarmee nur auffüllen. Das ist eine fehlerhafte Konzeption. Wir müssen die Reform der Armee vielmehr dadurch zu Ende bringen, dass wir eine Truppenstärke von 26.200 Berufssoldaten erreichen.“

Oldřich Bureš  (Foto: Archiv der Karlsuniversität in Prag)
Oldřich Bureš ist Sicherheitsexperte an der privaten Metropolitan University in Prag. Auch er nennt ein Problem, das es zu beheben gelte:

„Armee und Verteidigungsministerium sind schon seit langem unterfinanziert. Daher erfüllt Tschechien auch die Vorgaben der Nato nicht, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Sicherheit und Verteidigung zu stecken. Tschechien gibt nicht einmal die Hälfte dafür aus.“

Der jetzigen Regierung sei dieses Manko indes bewusst, weshalb sich das Budget auch bald erhöhen dürfte, meint Bureš.