Zwischen Hörsaal und Schießstand: Karlsuniversität unterstützt angehende Reservisten

Studenten der Universität für Verteidigung

Das Interesse daran, als Reservist in der Armee zu dienen, ist in Tschechien angesichts der russischen Invasion in der Ukraine gestiegen. Für die Ausbildung melden sich auch Studierende an. An der Fakultät für Sozialwissenschaften der Prager Karlsuniversität werden diese nun für die Doppelbelastung aus Studienalltag und militärischen Lehrgängen entlastet.

Jan Kofroň | Foto: Kateřina Cibulka,  Tschechischer Rundfunk

Vom Hörsaal zum Dienst an der Waffe? Jan Kofroň, Dozent an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Prager Karlsuniversität, begrüßt das:

„Dass sich junge Menschen als Reservisten an der Verteidigung unseres Landes beteiligen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Ebenso selbstverständlich muss sein, dass ihnen die Universitäten, welche aus öffentlichen Geldern finanziert werden, dabei entgegenkommen. Gerade angesichts der aktuellen Lage ist dies längst überfällig.“

Laut dem Hochschulpädagogen gehe es vor allem darum, den Studenten die Doppelbelastung zu nehmen:

„Es waren zwar nicht viele, aber ich hatte mehrere solcher Fälle in meinen Kursen. Ein Student nahm mitten im Semester an der sechswöchigen Grundausbildung der Armee teil. Wir hatten beide Bedenken, ob er das Studienjahr erfolgreich abschließen wird.“

Amerikanischer und tschechischer Soldat | Foto: Tschechische Armee

Für eine siebentägige Ausbildungseinheit können den Studenten nun drei Leistungspunkte angerechnet werden, die in den Wahlbereich einfließen. Diese Art der Prüfungsleistung ist dabei nicht auf Studierende der Fakultät für Sozialwissenschaften begrenzt. Auch Menschen, die an der Karlsuniversität in anderen Bereichen eingeschrieben sind, können ihre Ausbildung zum Soldaten der Reserve nun geltend machen.

Der Generalstab der tschechischen Armee begrüßt die Zusammenarbeit mit der Universität – ebenso wie Iva Bednářová. Sie arbeitet als Personalistin für das Militär. Ihrer Meinung nach sollten in Zukunft auch weitere Formen des freiwilligen Dienstes in den tschechischen Streitkräften anerkannt werden:

„Ich denke, dass viele Studenten Bedenken haben, ob sie ihr anspruchsvolles Studium und die Ausbildung zum Reservesoldaten unter einen Hut bekommen. Für sie kommt etwa die einmalige Teilnahme an einer sogenannten Freiwilligen militärischen Übung in Frage. Oder aber die Freiwillige Vorauswahl.“

Diese letztgenannte Form ist die einfachste Möglichkeit, sich in der tschechischen Armee zu engagieren. Möglich ist die „Freiwillige Vorauswahl“ erst seit einem knappen Monat. Menschen im Alter von 18 bis 60 Jahren können sich dabei beim Militär registrieren, ohne zunächst eine Ausbildung absolvieren zu müssen. Interessenten müssen aber einen Gesundheitscheck über sich ergehen lassen. Und sie verpflichten sich, im Falle einer Bedrohung an Lehrgängen teilzunehmen.

Foto: Tschechische Armee

Bisher jedoch werden für dieses Format keine Leistungspunkte vergeben an der Karlsuniversität in Prag. Die ist übrigens nicht die einzige Hochschule in Tschechien, welche den Militärdienst ihrer Studierenden anerkennt. An der Südböhmischen Universität in České Budějovice / Budweis etwa wird ein Bachelorstudiengang zum ABC-Schutz der Bevölkerung angeboten. Die Absolventen sind gefragte Berufseinsteiger bei der Armee. Deshalb erkenne die Uni bereits seit mehreren Monaten die Ausbildung zum Reservisten als Studienleistung an, schildert Zuzana Freitinger Skalická. Die Prodekanin der Fakultät für Gesundheit und Soziales sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Das Studium ist praxisorientiert, weshalb ein zwölfwöchiges Praktikum integraler Bestandteil des Lehrplans ist. Ein Teil davon kann durch eine Ausbildungseinheit zum Reservisten der tschechischen Armee ersetzt werden.“

Auch an der Prager Wirtschaftsuniversität VŠE zeigt man sich derweil aufgeschlossen, Studenten zu unterstützen, die zeitgleich Reservisten werden wollen. Ganz so weit wie an der Karlsuniversität und in Budweis will man aber nicht gehen. Laut einer Sprecherin ist die Hochschule jedoch bereit, entsprechende Anfragen von Studierenden individuell zu bewerten.

Autoren: Ferdinand Hauser , Iveta Vávrová | Quelle: iROZHLAS.cz
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