Krise: Die vier höchsten Staatsdiener reden dem Verfassungsgericht ins Gewissen

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Ein Abgeordneter reicht eine Verfassungsbeschwerde ein und das Verfassungsgericht setzt einstweilen den anberaumten Oktobertermin für vorgezogene Neuwahlen aus. Das nennt man im Ergebnis „Verfassungskrise“. Denn Tschechien wird derzeit von einem Übergangskabinett regiert, das zeitlich und inhaltlich nur ein beschränktes Mandat hat. Zur Krise gaben die Politiker der vier höchsten Staatsämter nun eine Erklärung ab.

Von links Jan Fischer,  Miloslav Vlček,  Václav Klaus und Přemysl Sobotka  (Foto: ČTK)
Dass es sich tatsächlich um eine Verfassungskrise handelt, von der Tschechien seit zwei Tagen erschüttert wird, das ist allein schon daran erkennbar, dass die vier höchsten politischen Repräsentanten des Staates gemeinsam in Aktion sind: Präsident Klaus, die Chefs der beiden Parlamentskammern, Vlček und Sobotka, sowie Premier Fischer. Ihre gemeinsame Erklärung soll vor allem beim Verfassungsgericht Gehör finden. Die derzeitige Situation destabilisiere das Land, eine Verlängerung des Wahlkampfes ruiniere die Parteien und bedrohe damit die politische Entscheidungsfreiheit der Bürger. Und über allem schwebt dazu noch die dunkle Wolke der Wirtschaftskrise. Präsident Klaus:

„Es ist im öffentlichen Interesse der gesamten Gesellschaft, dass diese Wahlen innerhalb kürzester Zeit stattfinden. Denn unser Land braucht eine starke und handlungsfähige Regierung mit einem klaren politischen Mandat, die imstande ist unser Land durch die Wirtschaftskrise zu führen und schwerwiegende Probleme zu lösen, die das Leben und das Schicksal von Millionen unserer Bürger betreffen.“

Auch nach Ansicht von Übergangspremier Fischer drängt die Zeit. Neuwahlen und eine politische Regierung müssten unverzüglich her.

„Sie alle wissen, wie es um die wirtschaftliche Situation in diesem Land bestellt ist. Die Experten haben nach ihrem besten Wissen und Gewissen den Haushaltsentwurf vorbereitet. Aber über das weitere Schicksal der Haushaltplanung müssen ein neues Abgeordnetenhaus und eine neue politische Regierung entscheiden. Das ist äußerst wichtig. Und außerdem brauchen wir stabile Verhältnisse in der Tschechischen Republik, damit das außenpolitische Image dieses Landes nicht leidet.“

Die Stabilität, die Wirtschaft, das Image des Landes und das Schicksal der Bürger. Das alles sei in Gefahr, stimmen auch die Chefs der Parlamentskammern zu. Eine Verschiebung der Wahlen auf den 6. und 7. November, wie sie die eilig einberufene Expertenkommission der Parteien vorgeschlagen hat, wollten die vier höchsten Staatsdiener nicht kommentieren. Keiner wagt derzeit eine Eintragung in seinen Kalender, die Stimmung im Staate Tschechien ist auf dem Tiefpunkt. Über das weitere Vorgehen gibt es nur vage Vorstellungen. Beim Verfassungsgericht sehen sie so aus: Das Gericht wird – wie vermeldet – das Wochenende durcharbeiten. Donnerstag nächster Woche könnte nach einer öffentlichen Verhandlung vielleicht ein Urteil vorliegen, hieß es.

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In der Politik wiederum will man folgenden Weg einschlagen: Ein bereits vor drei Jahren entwickelter Gesetzesentwurf des Senats soll dauerhafte Verfassungsänderungen möglich machen. Dazu muss das Abgeordnetenhaus zwei Lesungen des Gesetzes mit einem Abstand von 48 Stunden über die Bühne bringen und am Ende muss noch einmal der Senat abnicken. Das könnte am Freitag geschehen. Aber was das dann für die Wahlen bedeutet, ob es beim Oktobertermin bleibt, der November angepeilt wird oder der Sankt Nimmerleinstag, das prognostiziert zurzeit keiner laut. Denn über allem schwebt ja auch noch die Drohung des Abgeordneten Melčák, alle gangbaren Wege zu vorgezogenen Neuwahlen mit der Hürde einer weiteren Verfassungsbeschwerde zu verstellen.