Zankapfel Lissabon-Vertrag – Zwischen Senat und Prager Burg hängt der Haussegen schief
Der EU-Reformvertrag von Lissabon ist tot. Das meinte jedenfalls der tschechische Präsident Vaclav Klaus, nachdem am vergangenen Mittwoch der tschechische Senat den EU-Vertrag abgesegnet hatte. Der EU-Skeptiker Klaus, dessen Unterschrift zur endgültigen Ratifizierung noch fehlt, sprach von einem „Versagen der politischen Eliten“. Seine engsten Mitarbeiter legten in den vergangenen Tagen mit ähnlichen Aussagen nach. Der Vorsitzende des tschechischen Senats, Přemysl Sobotka, hatte daher am Montag genug. Er trat vor die Presse und wies den Präsidenten des Landes zurecht. Nun hängt der Haussegen schief zwischen der oberen Parlamentskammer und der Prager Burg.
„Die Leute aus dem Umfeld des Präsidenten stellen die tschechische EU-Ratspräsidentschaft infrage und untergraben wiederholt das Vertrauen der europäischen Partner in die Tschechische Republik. Ich bin überzeugt, dass wir uns nach dem blamablen Verlauf unseres EU-Vorsitzes bemühen sollten, uns geduldig gegen die starke Konkurrenz in Europa durchzusetzen, anstatt uns zu isolieren durch vereinfachende, undurchdachte und emotionale Gesten.“
Allerdings waren auch die Reaktionen auf Klaus’ beleidigte Kommentare zum Abstimmungsverhalten im Senat höchst emotional. Die sozialdemokratische Senatorin Alena Gajdůšková, immerhin stellvertretende Vorsitzende der oberen Parlamentskammer, will Klaus gar vor Gericht zerren, sollte er das Votum des Parlaments weiter ignorieren. Die Anklage: Hochverrat.
„Das ist wirklich nicht meine Meinung. Mit dem Vorwurf des Hochverrats sollte man nicht leichtfertig umgehen. Es handelt sich hier auf keinen Fall um Hochverrat, und ich denke nicht, dass weitere Senatoren sich Gajdůškovás Meinung anschließen“,nahm Sobotka die verfassungsrechtliche Stellung des Staatsoberhauptes in Schutz. Aber: In den Wortmeldungen aus der Präsidentenkanzlei sehe er einen Angriff auf den Senat als einen Pfeiler der parlamentarischen Demokratie. Auf der Prager Burg nahm man den Fehdehandschuh bereitwillig auf. Präsidentensprecher Radim Ochvat goss noch am Montagnachmittag weiteres Öl ins Feuer. Sobotka solle in seiner Meinung zum Lissabon-Vertrag konsistent bleiben. Schließlich habe der den Vertrag nach dem Nein der Iren im vergangenen Sommer selbst als tot bezeichnet, so Ochvat. Sobotka konterte, er sei immer für eine Ratifizierung des Vertrags eingetreten. Und das Bemühen der irischen Regierung um ein erneutes Referendum in diesem Herbst habe die Chancen auf ein Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages nun eben wieder erhöht.
Bis dahin könnte allerdings auch der Vertrag in Tschechien noch auf Eis liegen. Die unterlegenen Lissabon-Gegner im Senat wollen den Vertrag nämlich erneut vom Verfassungsgericht in Brno / Brünn prüfen lassen. Eilig haben sie es damit sicher nicht.