Tschechien bereitet sich auf EU-Präsidentschaft vor. Lissabon-Vertrag als Stolperstein.
Staatspräsident Václav Klaus ist am Dienstag mit dem Vorsitzenden der oberen Parlamentskammer Přemysl Sobotka zusammengetroffen. Thema war die bevorstehende EU-Ratspräsidentschaft Tschechiens. Einmal mehr wurde dabei auch über den Reformvertrag von Lissabon gesprochen.
„Wir beide empfinden ein gewisses Gefühl der Bescheidenheit im Hinblick auf dieses Ereignis. Ich werde daher versuchen, die großen Erwartungen darin zu dämpfen, welche Heldentaten wir bei der Veränderung der Europäischen Union vollbringen sollen. Ich denke, wir sollten versuchen, den EU-Vorsitz in technischer, organisatorischer und administrativer Hinsicht zu meistern. Sich irgendwelche extremen Ziele zu stecken, ist meiner Meinung nach nicht erstrebenswert.“
Der größte Stolperstein, der auf Tschechien während seiner EU-Ratspräsidentschaft wartet, ist der Reformvertrag von Lissabon, dessen Zukunft nach dem irischen Nein bei der Volksabstimmung im Juni völlig offen ist. Die Position Tschechiens in dieser Frage ist alles andere als eindeutig: Präsident Klaus ist ein überzeugter Gegner des Lissabon-Vertrags und hat den Reformentwurf bereits mehrfach scharf kritisiert. Außerdem prüft das Verfassungsgericht zurzeit, ob der Lissabon-Vertrag mit der tschechischen Verfassung in Einklang zu bringen ist. Ein Ergebnis wird frühestens im September erwartet. Auch die größte Regierungspartei, die rechtsliberale ODS, ist in ihrer Position zum EU-Reformvertrag gespalten. In der oberen Parlamentskammer, die von ODS-Senatoren dominiert wird, zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Vertragsbefürwortern und –gegnern ab. Senats-Präsident Sobotka will eine freie Abstimmung ohne Fraktionszwang durchsetzen. Auf jeden Fall abwarten müsse vor der Abstimmung die Entscheidung des Verfassungsgerichts, betonte Sobotka nach dem Treffen mit Václav Klaus. Die Opposition zeigt sich mit dem Ergebnis des Treffens zwischen Klaus und Sobotka nicht zufrieden:„Es zeugt nicht unbedingt von Weitblick, sich einige Monate vor der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes gegen den europäischen Trend zu stellen. Vielleicht haben es die beiden Herren aber auch nicht so gemeint,“ hofft Sozialdemokraten-Chef Jiří Paroubek. Andernfalls wäre der EU-Vorsitz nämlich nur eine Verschwendung von Steuergeldern, so Paroubek auf einer Pressekonferenz am Dienstag.
Neben dem Reformvertrag von Lissabon warten auf die tschechische Ratspräsidentschaft noch weitere heiße Themen, etwa die Reform der Landwirtschaftspolitik sowie die Dauerbrenner Energie- und Klimapolitik.