Kunst für „Blut-Geld“ – internationaler Rechtsstreit spitzt sich zu

Plastik von Otto Gutfreund (Foto: ČTK)

Ein Wiener Gericht gab dem Antrag des Schweizer Unternehmens Diag Human statt und konfiszierte am Dienstag drei Kunstgegenstände aus tschechischem Besitz, die im Wiener Belvedere ausgestellt sind. Alles dreht sich um ein Geschäft mit Blutplasma Mitte der 90er Jahre, das nicht zustande kam. Ein Schiedsgericht hatte der Tschechischen Republik eine Milliardenstrafe (Kronen) auferlegt, die das Land allerdings nicht zahlte. Und unaufhörlich tickt die Schuldenuhr, die Diag Human auf seiner Webseite installiert hat. Die konfiszierten Kunstgegenstände sollen nur der Anfang der Kompensation sein.

Bild von Vincenc Beneš  (Foto: ČTK)
Je ein Bild von Emil Filla und Vincenc Beneš sowie eine Plastik von Otto Gutfreund – das sind die Kunstgegenstände, welche die Mährische Galerie in Brünn und die Prager Nationalgalerie einer Ausstellung in Wien geliehen haben. Und voraussichtlich werden die Galerien ihre Werke nicht so schnell wiedersehen. Ein Wiener Gericht hat auf Antrag des Unternehmens Diag Human diese Werke konfisziert. Tschechien soll die ihm auferlegte Strafe in einem gut 15 Jahre währenden Rechtsstreit um ein Geschäft mit Blutplasma bezahlen. Der Anwalt der tschechischen Seite, Tomáš Sokol:

„Die Gegenseite interpretiert den Stand der Dinge so, dass der Streit entschieden und beendet ist. Denn es sei kein Antrag auf Überprüfung eingegangen, da dieser von Leuten unterschrieben worden sei, die dazu nicht die Berechtigung gehabt hätten. Meines Erachtens reicht dieses Argument nicht aus.“

Ein Schiedsgericht in Paris hatte die Tschechische Republik im Jahr 2008 dazu verurteilt, Diag Human mit rund 9 Milliarden Kronen zu entschädigen. Die Firma Diag Human des Tschecho-Schweizers Josef Šťáva war in den 90er Jahren von der Ausschreibung des tschechischen Gesundheitsministeriums zur Lieferung von Blutplasma ausgeschlossen worden. Während Diag Human mit dem Urteil von 2008 den Rechtsstreit zu seinen Gunsten entschieden sieht, lehnt der tschechische Staat die Schadensersatzzahlungen ab. Seiner Ansicht nach dauert der Rechtsstreit an. Tschechien hat laut Presseberichten nun vier Tage Zeit, um Einwände geltend zu machen.

Der Experte für internationale Schiedsverfahren, Vladimír Balaš, ist skeptisch gegenüber dem österreichischen Vorgehen:

Marek Pokorný
„Die Frage ist, ob Eigentum eines Staates konfisziert werden darf, das nicht zu Handelszwecken dient, also zum Beispiel Dinge aus dem diplomatischen Bereich oder dem Kulturerbe.“

Der Direktor der Mährischen Galerie in Brünn, Marek Pokorný, sieht die Interessen der gesamten Kunstbranche in Gefahr:

„Der Verleih dieser Kunstwerke war völlig selbstverständlich. Auch wir bekommen Leihgaben aus dem Ausland. Ich habe aber die Befürchtung, dass dieses Vorgehen eine unangenehme Nachricht ist gerade für diese normalen Beziehungen im Bereich der Leihgaben.“

Die Ausstellung „Dynamik“ im Wiener Belvedere endet am 29. Mai. Bis dahin sind die konfiszierten Werke – allerdings mit Kuckuck darauf - noch zusehen. Danach wandern Sie in ein Gerichtsarchiv. Diag Human hat inzwischen angekündigt, ähnliche Forderungen an anderen ausländischen Gerichten durchzusetzen, um den Schaden schrittweise einzutreiben.