Kunstprojekt im Prager Stadtzentrum: Laterne reagiert auf Fake News
Je mehr Fake News, desto weniger Erleuchtung. So könnte das Prinzip einer Kunstinstallation zusammengefasst werden, die in den Arkaden der Prager Stadtbibliothek zu sehen ist. Unter dem Titel „Viditelnost“ (Sicht) reagiert eine Laterne mit ihrer Leuchtintensität auf Falschmeldungen im Internet.
„Einfach gesagt: Je mehr potentielle Unwahrheiten es gibt, desto weniger leuchtet die Lampe. Dann entsteht vielmehr eine Art chaotischer Sturm in ihr.“
So kommentiert Jakub Nepraš sein Kunstwerk, während in der gläsernen Laterne ein dunkelblauer Wirbelsturm aus Texten und Bildern wütet. In diesem Moment spendet sie den Passanten auf dem Marienplatz in Prag nur wenig Licht. Nepraš erklärt weiter:
„Wenn man nicht so gut sieht, muss man sich mehr auf sich selbst und seine Urteilskraft verlassen. Dies ist abhängig von den Sichtverhältnissen, darum heißt die Installation auch entsprechend.“
Im nächsten Moment kann die Lampe aber auch schon wieder heller aufleuchten. Dies bedeutet, dass auf tschechischen Internetservern weniger Fake News in Umlauf sind. Dies geschehe meist um Mitternacht herum, sagt der Künstler, wenn die konspirativen Plattformen weniger aktiv seien. Die Laterne bekommt dann weniger Impulse und beruhigt sich. Das heißt, sie gibt ein leises Summen von sich und strahlt ein sattes gelbes Licht aus.
Herrscht im Inneren aber ein dunkler Sturm, ist auch ein rauschender Ton zu hören, der die Vorbeilaufenden auf die Installation aufmerksam macht.
„Sie ist mit einem Server verbunden. Freunde von mir, die die Inhalte der tschechischen Medien verfolgen, schicken entsprechende Nachrichten auf den Computer. Dieser projiziert die Überschriften auf die gläserne Einfassung und verursacht den Tornado, also die Unruhe in der Lampe.“
Erfahrungen mit Lichtinstallationen hat Nepraš bereits im Prager Schwarzlicht-Theater Laterna Magika gesammelt. Mit seiner Lampe richtet er sich bewusst an ein breiteres Publikum im öffentlichen Raum. Unterstützung bekam er dabei von Marie Foltýnová von der Galerie der Hauptstadt Prag. Sie berichtet vom Projekt „Kunst für die Stadt“:
„Dabei arbeiten wir zum Beispiel auch viel mit dem Institut für Stadtplanung und -entwicklung zusammen. Dies stellt unter dem Titel ‚Prager Fleckchen‘ verschiedene Orte in der Stadt der Öffentlichkeit zur Verfügung. Wir vermitteln den Kontakt zu passenden Künstlern, und so entstehen neue, zeitlich begrenzte Objekte. So können die Künstler ihre Werke einem Publikum präsentieren, das sonst nur wenig mit Kunst in Berührung kommt.“
Unter anderem wurde im vergangenen Jahr etwa die Plastik „Pocta geometrii“ (Ehre der Geometrie) des Bildhauers Stanislav Kolíbal enthüllt. Sie ist zu finden auf dem Areal der Mathematisch-physikalischen Fakultät der Prager Karlsuniversität im Stadtteil Troja.