Kurze Nachlese zum ODS-Parteitag
Die Parlamentswahlen im Sommer kommenden Jahres rücken näher und damit gewinnt auch die Frage an Aktualität, mit welchen Spitzenkandidaten und Wahlprogrammen die politischen Parteien in den Wahlkampf ziehen. Wie sich die Demokratische Bürgerpartei (ODS) selbst auf ihrem Parteitag am vergangenen Wochenende präsentierte, berichteten wir Ihnen im letzten Tagesecho. Wie der ODS-Parteitag nach außen wirkte und welchen Rückhall er in der tschechischen Presse fand, erfahren Sie jetzt von Silja Schultheis.
"Parteitag der ODS? Nichts Neues unter der Sonne - alte bekannte Gesichter, Namen und Worte" - so beginnt die Tageszeitung "Lidove Noviny" am Montag ihren Kommentar zum Parteitag - und bringt damit zugleich den Tenor vieler weiterer Kommentare zu diesem Thema auf den Punkt.
So schreibt die Zeitung "Hospodarske noviny" in ihrer Montagsausgabe zum Parteitag der Bürgerdemokraten:
"Das Gefühl eines Deja-vus ist der stärkste Eindruck des ODS-Parteitages. Das Gefühl von etwas bereits mehrfach Erlebten war bei der Rede des altneuen Parteivorsitzenden Vaclav Klaus und seiner glatten Wahl ohne Gegenkandidaten zu spüren."
Auch der ungewohnt selbstkritische Ton von Vaclav Klaus, mit dem dieser die eigenen Reihen zu Veränderungen aufrief, bedeutet für die Tageszeitung Mlada fronta dnes noch längst nicht, dass diese Veränderungen auch tatsächlich eintreten.
Nach Meinung des Politologen Rudolf Kucera von der Prager Karlsuniversität bestand das Hauptziel des Parteitages darin zu zeigen, dass die ODS die Hauptopposition der regierenden Sozialdemokratischen Partei ist und mit der Absicht in die Wahlen zieht, die sozialdemokratische Regierung abzulösen.
Mit dieser Selbstdefinition als stärkste Oppositionspartei verwickeln sich die Bürgerdemokraten jedoch in einen merkwürdigen Widerspruch, findet Kucera:
"Natürlich ist diese Idee, dass die ODS die Hauptopposition war, unsinnig - sowohl aus politischer als auch aus politologischer Sicht. Hier wurde der sog. Oppositionsvertrag zwischen der ODS und den Sozialdemokraten unterzeichnet, in dem sich die ODS dazu verpflichtete, der Regierung nicht ihr Misstrauen auszusprechen. Und wenn so ein Abkommen existiert, kann man wohl kaum davon sprechen, dass es sich bei der ODS um eine Oppositionspartei handelt."