Lebenserwartung der Tschechen liegt zwei Jahre unter dem EU-Durchschnitt

Die Lebenserwartung der Tschechinnen und Tschechen steigt kontinuierlich, trotzdem liegt sie weiter unter dem Durchschnitt in der Europäischen Union. Dies zeigt ein neuer Bericht des europäischen Statistikamtes Eurostat. Das Erbe der Vergangenheit im Bezug auf den Lebensstil und die Umweltverschmutzung sowie das relativ geringe Gesundheitsbewusstsein der Tschechen sind die bedeutendsten Faktoren, die die Lebenserwartung hierzulande negativ beeinflussen.

Die Lebenserwartung bei tschechischen Männern liegt knapp unter 75 Jahre, bei Frauen bei 80 Jahren. Was der Begriff „Lebenserwartung“ eigentlich bezeichnet, dazu Michaela Němečková vom Tschechischen Statistik-Amt gegenüber Radio Prag:

„Die Lebenserwartung beziehungsweise die mittlere Lebensdauer sagt, welches Alter ein nun geborener Junge oder ein nun geborenes Mädchen erreichen kann, wenn in den folgenden etwa hundert Jahren die Sterblichkeitsverhältnisse unverändert bleiben.“

Vier Faktoren, die die Lebenserwartung beeinflussen, nennt der Arzt František Schneiberg, und zwar den Lebensstil, die Umwelt, genetische Faktoren und die beiden wichtigsten Erkrankungen und Todesursachen in ganz Europa, nämlich Erkrankungen des Kreislaufsystems und Krebserkrankungen. Der so genannte Lebensstil zeigt sich ihm zufolge als der wichtigste Faktor.

„Das heißt, wie man lebt, wie man sich um seine Gesundheit kümmert, ob man die Möglichkeit hat, gesund zu leben. Das war in der damaligen kommunistischen Zeit nicht möglich, weil man etwa Gemüse mit wichtigen Vitaminen oder Qualitätsfleisch nicht kaufen konnte. Dieses Problem gibt es heute nicht mehr. Der Lebensstil hat sich also deutlich verbessert und man hat die Chance, seine Gesundheit zu pflegen, sich gesund zu ernähern, Vitaminen zu essen und so weiter.“

Die Tschechinnen und Tschechen sterben nach den Ergebnissen der neuesten europaweiten Untersuchung etwa zwei Jahre früher als der Durchschnittseuropäer. František Schneiberg sieht eine der Ursachen darin, dass man sich hierzulande für die eigene Gesundheit wenig selbst verantwortlich fühle:

„Das Problem ist, dass die Tschechen nicht gewöhnt sind, sich Vorbeugungsuntersuchungen zu unterziehen. Es gibt bei uns zum Beispiel ein wesentlich höheres Vorkommen des Dickdarmkarzinoms, der durch Vorbeugungsuntersuchungen früh festgestellt werden kann. Es zeigt sich, dass manche Krebserkrankungen bei uns später als in den alten EU-Ländern festgestellt werden. Das Problem besteht in der eigenen Verantwortung der Menschen für ihre Gesundheit.“

Auch das ziemlich stark verbreitete Rauchen wirkt sich bei der Lebenserwartung negativ aus. Ein Bereich, wo Tschechien eine Verspätung nachholen und das Erbe der Vergangenheit überwinden muss, ist die Umwelt.

„Dort kommt es erst nach der Samtenen Revolution zu einer Verbesserung. Ich nenne zum Beispiel die Lage in Nordböhmen, wo es früher Smog und nicht entschwefelte Kraftwerke gab. Das führte zu chronischen Atemwegskrankheiten, zu Asthma und Allergien. Das hat sich teilweise gebessert, aber natürlich nicht in vollem Maße.“

Sowohl der Arzt als auch die Demographin betonen allerdings, Tschechien habe schlechtere Startbedingungen als die alten EU-Länder gehabt. Die Situation in den ehemaligen sozialistischen Ländern in der EU sei ähnlich wie hierzulande. Und die Tendenz sei eindeutig positiv. Michaela Němečková:

Foto: Archiv ČRo 7
„Natürlich gibt es noch Reserven zur Verbesserung. Andererseits muss bemerkt werden, dass die Lebenserwartung langfristig steigt. Und zwar bei den Männern jährlich um etwa ein Vierteljahr und bei den Frauen um etwas mehr als zwei Monate. Und es wird angenommen, dass sie auch weiter steigen wird.“