Liska: Für Energiestrategie der Zukunft müssen alle Argumente auf den Tisch

Am Montag und Dienstag fand in Prag das bereits zweite europäische Energie-Forum statt, und das nicht von ungefähr. Die EU-Länder wollen und müssen ihren mit hohem Energiebedarf arbeitenden Wirtschaften auch in Zukunft ausreichende Stromkapazitäten sichern, die Tschechische Republik wiederum ist in Sorge, vom Energieanbieter zum Käufer von Energie zu werden.

Diese Sorge sei begründet, und zwar dann, wenn man nicht auf die Atomenergie setze, sagte Premier Mirek Topolanek in seiner Rede auf dem Forum. Die Kernkraft sei die einzige Quelle, die gewährleisten könne, dass das Land auch in den nächsten Jahrzehnten mit genügend Energie versorgt und nicht von ausländischen Energieanbietern abhängig werde. Die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien seien begrenzt, und der Ausbau von Wärmekraftwerken würde nicht gerade dazu beitragen, die CO²-Emmissionen zu verringern, so der Premier. Vier der tschechischen Parlamentsparteien seien deshalb für den Ausbau der Atomenergie in Tschechien, hieß es. Als einzige dagegen sind die Grünen. Weshalb, das erklärt der Vorsitzende des Abgeordnetenausschusses für europäische Angelegenheiten, der Grünen-Abgeordnete Ondrej Liska, exklusiv für Radio Prag:

"Na ja, das ist eine Position, die man von den Grünen schon erwarten kann. Hier in diesem Plenum war es ziemlich interessant zu hören, wie man auf unsere Position reagiert. Aber ich kann immer nur wiederholen: Erstens, wir sind offen für eine Debatte über einen Energiemix der Zukunft. Dazu muss man jedoch auch alle Argumente auf den Tisch legen. Sonst führt die Debatte zu nichts. Aber wie soll das gehen, wenn vier der fünf Parlamentsparteien in Tschechien von einem Fast-Monopolunternehmen wie dem Energieriesen CEZ finanziert werden. Denn CEZ hat natürlich ein eminentes Interesse daran, weitere Atomreaktoren in Temelin zu bauen. Wir sagen also: Lasst uns über Energiesicherheit diskutieren, lasst uns ebenso über unsere Ambitionen im Bereich der erneuerbaren Energien diskutieren, und lasst uns auch teilnehmen an der europäischen Debatte zur Energiesituation. Aber jetzt müssen wir erst einmal die Argumente auf den Tisch legen, bevor wir überhaupt diskutieren können, ob die Atomenergie für uns wirklich die Zukunft ist. Und gerade das ist in Tschechien noch nie geschehen. Deshalb haben wir, die Grünen, im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass unter dieser Regierung keine weiteren Reaktorblocks in Temelin gebaut werden."

Sie haben den deutschen Weg des Atomausstiegs als speziellen Weg bezeichnet... (Liska fällt ins Wort)

"... ich habe das in Anführungszeichen gesagt, da ich von so genannten Wahrheiten gesprochen habe, die aber keine Wahrheiten sind. Der deutsche Sonderweg ist kein Sonderweg, sondern er ist ein Mainstream. Wenn man über den Ausbau der Kernkraft, also der Errichtung weiterer Nuklearkraftwerke sprechen will, dann kann man heutzutage nur den Fall von Finnland nennen, von dem man allerdings schon weiß, dass sich die aus öffentlichen Geldern getätigten Investitionen nicht auszahlen werden. Ohne öffentliche Gelder aber würde sich ein solches Projekt gar nicht realisieren lassen. Zum zweiten kann man über die Überlegungen der französischen Regierung sprechen. Andererseits: Die Argumente gegen die Atomkraft werden heute sehr seriös auch in anderen Ländern diskutiert. Der deutsche Weg ist also kein Sonderweg, sondern ein Beispiel, dem wir folgen sollten."