Lissabon-Vertrag: Tschechien im Fokus Europas

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Die Iren haben also abgestimmt: Unerwartet deutlich haben sie dem EU-Reformvertrag in der zweiten Auflage des Referendums ihre Zustimmung erteilt. Nun blickt ganz Europa nach Polen und nach Tschechien, wo noch die Unterschrift der Staatspräsidenten aussteht. Während Lech Kaczyński in Warschau bereits angekündigt hat, rasch nach dem irischen Ja unterzeichnen zu wollen, setzt Václav Klaus in Prag weiter auf Abwarten.

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Es sei ein großer Tag für Europa, sagte ein sichtlich erleichterter Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Samstag in Brüssel:

„Meine Botschaft heute ist ganz einfach: Danke Irland!“

Ähnlich auch die Reaktion des tschechischen Europaministers Štefan Fülle:

„Für dieses erfolgreiche Referendum über so einen wichtigen internationalen Vertrag, wie es der Lissabon-Vertrag ist, muss man dem irischen Volk gratulieren.“

Nicht zufrieden mit dem Ergebnis zeigte sich wie erwartet Václav Klaus:

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„Das Ganze hat natürlich eine Schramme: Es ist bereits das zweite Referendum und es wurde viel Druck ausgeübt. Aber die Fakten sind klar, nun ist es beschlossene Sache“, so der tschechische Präsident am Samstag auf der Prager Burg. Dorthin waren auch 150 bis 200 Lissabon-Gegner gezogen, um Klaus zu unterstützen. Er respektiere die irische Entscheidung natürlich, fügte Václav Klaus hinzu.

Unterschreiben wird er dennoch nicht sofort. Selbst wenn er wollte, könnte der tschechische Präsident den Lissabon-Vertrag derzeit gar nicht ratifizieren: Er muss nun die Entscheidung des tschechischen Verfassungsgerichts abwarten, das frühestens in einem Monat über die vergangene Woche eingebrachte neuerliche Lissabon-Beschwerde entscheiden wird. José Manuel Barroso sagt, die Europäische Kommission respektiere das von der tschechischen Verfassung vorgegebene Prozedere. Der Kommissionspräsident lässt aber gleichzeitig keinen Zweifel an seinen Erwartungen gegenüber Tschechien:

„Alle EU-Länder haben sich in einer demokratischen Entscheidung für den Lissabon-Vertrag ausgesprochen. Ich hoffe, dass nun die noch fehlenden Schritte zu seinem Inkrafttreten in Polen und in Tschechien so schnell wie möglich getan werden.“

Jan Fischer  (Foto: ČTK)
Tschechiens Premierminister Jan Fischer zeigt sich zuversichtlich, die Verpflichtungen seines Landes gegenüber Europa einhalten zu können:

„Ich bin überzeugt, dass sich dieser Prozess nicht in die Länge ziehen wird und es bis zum Ende des Jahres ein Ergebnis gibt.“

Am Mittwoch wird der tschechische Regierungschef in Brüssel Kommissionspräsident Barroso und dem amtierenden Ratspräsidenten, Frederik Reinfeldt, Rede und Antwort stehen. Einen Tag später wird die schwedische Europaministerin Cäcilia Malmström zu einem Lokalaugenschein in Prag erwartet und auch der Präsident des Europäischen Parlaments Jerzy Buzek hat sein Kommen angekündigt.