Lissabon-Vertrag: Verfassungsgericht weist die erste von zwei Klagen ab

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In Irland ist er durch, der EU-Reformvertrag von Lissabon. Alle Augen Europas schauen jetzt nach Warschau und nach Prag. Dort haben die Präsidenten das Dokument noch nicht unterzeichnet, obwohl die Parlamente schon zugestimmt haben. Und gerade in Tschechien ist die Lage besonders kompliziert. Denn beim Verfassungsgericht wurden zwei Beschwerden von Lissabon-Gegnern eingereicht. Am Dienstag haben die tschechischen Verfassungsrichter die erste Klage abgewiesen. Christian Rühmkorf sprach mit Till Janzer über diese Entscheidung.

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Till, in dieser ersten Klage beim Verfassungsgericht ging es um das so genannte gebundene Mandat. Diese Art des Mandats hat Tschechien im Mai per Gesetz geschaffen. Das soll die Übertragung nationaler Kompetenzen auf die EU schwieriger machen, oder – sagen wir – mehr Kontrolle bringen. Und dieses gebundene Mandat legt fest, dass bei jeder Kompetenzübertragung nach Brüssel das Parlament zustimmen muss. Es geht hier um das große Thema Lissabon-Vertrag. Was genau wollten die Senatoren denn erreichen und was haben die Verfassungsrichter gesagt?

„Die Senatoren wollten die Latte eben noch höher legen. Das Parlament soll bei Kompetenzübertragungen nicht mit einfacher Mehrheit abstimmen - wie es das derzeitige Gesetz vorschreibt - sondern mit einer Verfassungsmehrheit. Und das sind drei Fünftel aller Abgeordneten. Das tschechische Verfassungsgericht hat die Klage der Senatoren aber als unbegründet abgewiesen. Die Senatoren haben in den Augen der Richter nicht ausreichend belegt, warum das bestehende Gesetz gegen die Verfassung verstoßen sollte.“

Für einige Parlamentarier war die Einführung des gebundenen Mandates eine Voraussetzung dafür, dass sie überhaupt „ja“ sagen zum Lissabon-Vertrag. Es sind nun aber gerade die Lissabon-Gegner, die das gebundene Mandat angegangen sind. Wie ist das zu erklären?

„Eigentlich will die Senatorengruppe der Bürgerdemokraten das Gegenteil, nämlich den EU-Reformvertrag von Lissabon ganz verhindern. Hierin stimmen sie mit Staatspräsident Václav Klaus überein. Die Klage gegen das gebundene Mandat war eher eine Art Verzögerungstaktik, um die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags weiter hinausschieben zu können. Der dicke Brocken ist die zweite Klage der Senatoren. Die richtet sich gegen den Lissabon-Vertrag als Ganzes.“

Die Entscheidung des Gerichts für das gebundene Mandat kann man also als eine Teil-Niederlage für die Lissabon-Gegner betrachten. Wie fielen die Reaktionen aus?

„Der Initiator der beiden Klagen, Jiri Oberfalzer, kritisiert die Ablehnung durch die Verfassungsrichter als „eine Niederlage für die Souveränität der Tschechischen Republik“. Die Lissabon-Befürworter haben die Entscheidung begrüßt. Ministerpräsident Jan Fischer sagte sinngemäß, dies habe ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur Ratifizierung des Vertrags weggeräumt.“