Literaturstadt Prag: Kulturinstitutionen zeigen weitere Facette der Moldaumetropole

Prag ist eine Stadt der Literatur. Darauf möchte eine Kampagne hinweisen, die an diesem Montag in der tschechischen Hauptstadt gestartet wurde. Die Prager und die Prag-Besucher dabei werden in den kommenden Monaten der Literatur nicht nur in Bibliotheken und Buchläden begegnen, sondern auch auf den Straßen, im öffentlichen Nahverkehr, in Parks und an weiteren Orten.

Wer an diesem Montag mit der Prager U-Bahn gefahren ist, der konnte dabei Literatur genießen. 28 Schauspieler haben nämlich direkt in den Waggons Ausschnitte aus Werken tschechischer Literatur vorgetragen, und zwar von den Feuilletons von Jan Neruda, einem Klassiker des 19. Jahrhunderts, bis zu den Romanen von Gegenwartsautoren wie Jaroslav Rudiš oder Emil Hakl. Ende September werden in Prag so genannte Literaturpfade markiert, die mit einem gewissen Ort in der Hauptstadt in Verbindung stehen. Die Literatur taucht auch in den Parks, an Radwegen und anderen Orten auf. Die Kampagne mit dem Titel „Prag – die Stadt der Literatur“ will die Passanten durch Literatur überraschen, gleichzeitig aber die Orientierung im Prager literarischen Leben erleichtern. Hauptorganisator ist die Prager Stadtbibliothek. Ihr Direktor Tomáš Řehák:

Tomáš Řehák
„Das Ziel des Projekts ist es nicht, aus Prag eine Literaturstadt zu machen, sondern darauf aufmerksam machen, dass Prag schon immer eine Literaturstadt war. Aufgrund seiner bunten Geschichte und dank der vielen Einflüsse. Prag ist immer noch die Stadt der Literatur und wir glauben, dass sie es auch künftig sein wird. Und wir wollen auch darauf hinweisen, dass Literatur auch für Steuerzahler eine gute Investition ist.“

Mit der Kampagne bewirbt sich Prag gleichzeitig um den Titel „kreative Stadt der Literatur“, der von der Unesco verliehen wird:

„Die Unesco hat ein Netz kreativer Städte geschaffen. Die Städte, die sich in einem gewissen Bereich besonders kreativ fühlen, können die Eingliederung in dieses Netz beantragen. Wir bereiten ein Gesuch vor, das der Prager Magistrat zur Unesco nach Paris schickt und das dann von Experten in der ganzen Welt beurteilt wird.“

Prager Stadtbibliothek
Zur ersten kreativen Stadt der Literatur ist 2004 Edinburg ernannt worden, es folgten Melbourne, Iowa City, Dublin und Reykjavik. In Prag wurde bereits vor zwei Jahren beschlossen, sich um den Titel zu bewerben. An dem Projekt beteiligen sich zwanzig Institutionen aus dem Literaturbereich. Die Kampagne richtet sich vor allem an die tschechische Öffentlichkeit. Wie der Direktor der Prager Stadtbibliothek, Tomáš Řehák, anmerkt, sollen aber auch ausländische Besucher angesprochen werden:

„Ich denke, dass die Literatur zwar auch eine Sache der Sprache ist, sie ist aber vor allem eine Sache der Imagination. Grundlage ist die Geschichte, die erzählt wird. Es gibt Geschichten, die sich sehr gut auch in andere Sprachen übertragen lassen. Sie sind oft Inspiration für weitere Bereiche der kreativen Industrie: Zum Beispiel bei Filmen oder PC-Spielen werden die Themen oft aus dem englischen Sprachgebiet importiert und haben ihre Wurzeln oft in der Literatur. Das ist ein Bespiel, wie die Literatur ins Leben eindringt.“

Die jetzige Kampagne läuft bis Ende des Jahres 2011 in vier Etappen. Das Projekt „Stadt der Literatur“ soll aber auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden. Um den Moment der Überraschung nicht vorwegzunehmen, wollen die Organisatoren nicht verraten, wie die Literatur in der Hauptstadt bei den nächsten Veranstaltungen auf sich aufmerksam machen wird. Im Rahmen des Projekts wird auch ein mehrsprachiges Buch „Prag – die Stadt der Literatur“ herausgegeben und es entsteht eine Webseite, die weitere Informationen über das literarische Leben in der Stadt an der Moldau auf Tschechisch und Englisch publizieren wird.