In Luhacovice trifft man Slowaken auf Schritt und Tritt

Luhačovice (Foto: CzechTourism)

Willkommen zu Begegnungen sagt Ihnen, liebe Freunde, Jitka Mladkova. Wo treffen sich Slowaken und Tschechen am häufigsten? Mit dieser Frage ist, glaube ich, gleich vieles gesagt: Wie an jedem letzten Donnerstag bzw. Freitag des laufenden Monats steht auch diesmal das tschechisch-slowakische Magazin auf dem Programm dieser Sendereihe. Das Leitmotto ist gerade genannt worden. Man könnte eine längere Liste von Orten zusammenstellen, wo sich Tschechen und Slowaken des öfteren treffen, ich habe mich für einen von diesen entschlossen!

Luhačovice  (Foto: CzechTourism)
Ich will gleich verraten, welchen Ort ich vorhin gemeint habe - an dem die tschechisch-slowakischen Begegnungen nicht nur gegenwärtig stattfinden, sondern auch auf eine langjährige Tradition zurückblicken können. Es geht um das in Südostmähren unweit der slowakischen Grenze gelegene Kurstädtchen Luhacovice. Vor genau 100 Jahren wurde hier die Aktiengesellschaft Lazne Luhacovice gegründet, die sich u.a. zum Ziel gesetzt hatte, das bereits existierende Kurwesen weiter auszubauen und zu kultivieren. An der Spitze der neuen AG stand damals ein kulturell und gesellschaftlich orientierter Arzt - Dr. Vesely. Das Kurstadtambiente entwickelte sich zu einer anziehenden Begegnungsstätte für tschechische und slowakische Künstler, Schriftsteller, Musiker u.a. Im Jahre 1901 lud Dr. Vesely den slowakischen Architekten Dusan Jurkovic nach Luhacovice ein, um ihn mit der Rekonstruktion der bereits bestehenden sowie mit dem Bau neuer Kurhäuser zu beauftragen. Zu diesem Zeitpunkt war Jurkovic in den Böhmischen Ländern relativ gut bekannt. In den Jahren 1897-99 entstanden unter seiner Leitung z.B. zwei Gebäude auf einem der bekanntesten Berge der Mährisch-Schlesischen Beskiden, dem Radhost. Man nannte sie "Märchenschlösser" und den Schöpfer "Dichter des Holzes". Die beiden Gebäude zeichneten sich durch eine architektonische Handschrift aus, die Dusan Jurkovic sein Leben lang zur Geltung brachte, die auch das heutige Bild der malerischen Kurstadt Luhacovice maßgeblich prägt und diese von den anderen Kurstädten hierzulande unterscheidet. Soweit also meinerseits ein kurzer Blick in die Geschichte dieses Ortes. Natürlich nicht nur dank Dusan Jurkovic, der wohl als Symbolfigur gilt, ist der tschechisch-slowakische Geist in Luhacovice zu spüren. Schließlich hat mir das auch der Generaldirektor der Kurhäuser in Luhacovice, Dipl. Ing. Josef Kruzela, bestätigt:

"In Bezug auf den tschechisch-slowakischen Geist kann man sagen, dass Luhacovice zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts ein Ort war, der zur Formung des nationalen Bewussteins der Slowaken selbst, aber auch zur Gestaltung der tschechisch-slowakischen Gemeinsamkeit maßgeblich beigetragen hatte. Hier trafen sich schon damals tschechische und slowakische Intellektuelle. Das Licht der Welt erblickte hier auch manches Dokument, das erst mit bzw. nach der Gründung der Tschechoslowakei offiziell auftauchte. An diese Zeit erinnert im Kurareal u.a. so manche Gedenktafel."

Nicht zu vergessen, dass es die Zeit der Habsburger Monarchie war. Die Slowakei war Bestandteil von Ungarn, die Böhmischen Länder gehörten wiederum Österreich an. Immerhin, im Prinzip war es doch ein Staat! Seit dem 1.Januar 1993 sind es aber zwei selbständige Staaten. Generaldirektor Kruzela sagt dazu:

Für die ältere Generation war es am Anfang ziemlich schwierig, sich an die neue Staatsgrenze zu gewöhnen. Dies in einer Zeit, in der Grenzen abgeschafft werden. Viele Bewohner unserer Region sehen in dieser Situation eine Konsequenz einer bestimmten politischen und historischen Entwicklung. Es ist richtig, dass die Slowaken einen eigenen Staat haben und dass deren nationales Bewusstsein, das auch hier bei uns in Luhacovice mitgestaltet wurde, einen Ausdruck in der Gründung eines selbständigen Staates gefunden hat. Die Tschechen und die Slowaken werden aber, wie vorgesehen, wieder in einer Ländergemeinschaft zusammenfinden."

Theater in Luhačovice  (Foto: Pavel Langer,  CC BY-SA 3.0 Unported)
In Luhacovice trifft man Slowaken auf Schritt und Tritt. Man stößt hier auf slowakisch sprechendes medizinisches bzw. Kurpflegepersonal und es kommen auch viele Kurgäste aus der Slowakei nach Luhacovice. Unter dem Leitmotto Mosty/Brücken findet hier seit der Trennung des gemeinsamen Staates jedes Jahr ein tschechisch-slowakisches Treffen statt, das an die alte Tradition der gegenseitigen Begegnungen angeknüpft hat. Intellektuelle aus beiden Staaten, Vertreter der Medien, Parlamentarier, Wirtschaftswissenschaftler und Vertreter anderer Bereiche diskutieren über Themen, die für beide Seiten wichtig sind. Im kommenden Sommer, genau Anfang Juli, wird in Luhacovice in Anwesenheit prominenter Gäste eins der von Dusan Jurkovic entworfenen Kurhäuser nach einer gründlichen Rekonstruktion feierlich eröffnet werden. Es trägt den Namen des 1947 gestorbenen slowakischen Architekten und wurde von der tschechischen Seite für die Eintragung in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes vorgeschlagen.

Soviel aus Luhacovice. Über tschechisch-slowakische Begegnungen berichtet jetzt meine Kollegin Miriam Varsova von Radio Slowakia International:

Wo Slowaken und Tschechen mehr als irgendwoanders zusammenkommen

"Hier werden die Brüder immer zusammentreffen" gilt über 155 Jahre als Leitspruch der Brüderschaftsfeierlichkeiten der Tschechen und Slowaken in den Weißen Karpaten. Die Veranstaltung mit dem Charakter eines Volksfestes wird in den letzten Jahren von den Partnergemeinden Stary Hrozenkov in Mähren und Drietoma in der Westslowakei organisatorisch betreut. Das Gebirge Weiße Karpaten, das einen Teil der natürlichen Grenze zwischen der Slowakei und Tschechien bildet, ist seit 10 Jahren auch die Schaubühne der tschechisch-slowakischen Silvesterfeier. Diese Tradition gründete Josef Vavrousek, der tschechische Ex-Minister für Umwelt, der 1995 in der Hohen Tatra tragisch umkam. Der gemeinsamen Silvesterfeier geht eine anspruchsvolle Bergtour voran. Danach amüsiert man sich in einer Berghütte bei der Zymbalmusik. Derartige informelle und unpolitische Zusammenkünfte haben nach der Trennung der Föderation noch mehr an Bedeutung gewonnen. Es ist aber keine Nostalgie, sondern Freundschaft, gute Stimmung und Liebe zur Natur, die die Teilnehmer beider genannten Veranstaltungen verbindet.

Eine geeignete Plattform für gemeinsame Zusammentreffen bieten auch verschiedene Landsleutevereine. Da ist der Kreis der Freunde der tschechischen Kultur zu erwähnen, der seit 1983 in der Slowakei tätig ist. Sein langjähriges Mitglied und z. Z. auch Vorstands- Mitglied ist Vladislav Klesnil. Der Abstammung nach ein Mährer hat sich in die Slowakei eingeheiratet. Er lebt seit 25 Jahren in Bratislava und genießt die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft.

"Der Kreis der Freunde der tschechischen Kultur ist für alle Bürger der Slowakei offen, die eine positive Beziehung zur tschechischen Kultur haben, ungeachtet der Rasse, Nationalität oder Staatsangehörigkeit. Wir laden bekannte tschechische Künstler ein, veranstalten Gedenkabende zu Legenden der tschechischen Kultur, das letzte Mal z. B. zu Ehren des Regisseurs Martin Fric oder des hervorragenden Schauspielers und Komikers Vlasta Burian."

Zur reichen Tätigkeit des Kreises der Freunde der tschechischen Kultur trägt Vladislav Klesnil auch selbst als Amateur-Musiker bei. Er vertonte ungefähr 30 Gedichte slowakischer und tschechischer Poeten. Die bearbeitete er in ein musikalisch-poetisches Programm, welches er mit seiner Band in der Öffentlichkeit präsentiert. Das letzte mal in Prag bei einer Veranstaltung des partnerischen Slowakisch-Tschechischen Klubs:

"Diese Lieder haben dem Publikum in Prag sehr gefallen, wir mussten noch welche zugeben. Mit dem Programm wollen wir künftig auch in den slowakischen Schulen sowie landesweit in verschiedenen Städten auftreten."

Der Kreis der Freunde der tschechischen Kultur in Zusammenarbeit mit dem bekannten slowakischen Heilbad Trencianske Teplice verleiht jährlich seit 1991 den Karel-Capek-Preis für die Popularisierung des Werkes der tschechischen Schriftsteller, Gebrüder Karel und Josef Capek sowie für die Verbreitung des Gedankens der tschechisch-slowakischen Freundschaft. Trencianske Teplice war ein beliebter Aufenthaltsort der Familie Capek. Unter den Trägern des Karel-Capek-Preises sind auch einige slowakische Künstler:

"Es sind z. B. die bekannten slowakischen Schauspieler Viera Strniskova, Jozef Kroner und Ladislav Chudik. In diesem Jahr wird die Verleihung des Karel-Capek-Preises am 20. Mai stattfinden."

Soweit die heutige Ausgabe des tschechisch-slowakischen Magazins in der Sendereihe Begegnungen. Soweit auch dieses Programm von Radio Prag.