Männer verdienen deutlich mehr als Frauen

Von Olaf Barth.

Vierzig Jahre formelle Gleichberechtigung im vergangenen Regime und was ist davon nach elf Jahren demokratischem Kapitalismus geblieben? Den neuesten Untersuchungsergebnissen zufolge nicht viel: Tschechische Frauen erhalten nur rund drei Viertel der Bezahlung ihrer männlichen Kollegen.

Eine ähnliche Einkommenskluft zwischen Mann und Frau haben innerhalb der EU laut Ministerium für Arbeit und Soziales nur noch die südeuropäischen Staaten Spanien, Portugal und Griechenland aufzuweisen. Und deswegen ist dessen Chef und designierter Kandidat für das Premierministeramt, Vladimir Spidla, besonders bemüht, Maßnahmen zur Besserstellung der Frau in der Arbeitsgesellschaft des Landes voranzutreiben.

Vera Kucharova vom "Institut für Arbeit und soziale Angelegenheiten" erläutert, dass die Ungleichheit bei der Entlohnung oft damit begründet wird, dass die Frauen aufgrund von Mutterschaftsurlauben die geringere berufliche Erfahrung vorzuweisen hätten. Insgesamt ließe sich außerdem sagen, dass Frauen zwar auch in führende Positionen aufsteigen könnten, der Weg dorthin für sie aber wesentlich härter als für ihre männlichen Kollegen sei.

Die Soziologin Marie Cermakova beurteilt die Sachlage noch schärfer, wenn sie sagt (ZITAT): "Niedrige Löhne gibt es vor allem in den sogenannten Frauenberufen, also im Schulwesen, bei den Sozial- und Pflegediensten. Wenn die Berufe der Krankenpflege eine männliche Domäne wären, würde sich niemand erlauben, den Männern solche Löhne anzubieten."

Eine weitere Feststellung der Soziologin, nämlich, dass in leitenden Positionen nur sehr selten Frauen anzutreffen seien, bestätigt die Zusammensetzung der tschechischen Regierung, in der nämlich keine einzige Frau vertreten ist. Dem Vorurteil, dass sich deshalb auch nichts zu Gunsten der holden Weiblichkeit bessern würde, will Vladimir Spidla nun also begegnen: Geplant sind u.a. Regelungen, nach denen von zwei gleichqualifizierten Kandidaten für eine Führungsposition immer die Frau den Vorzug erhalten soll, zumindest solange, bis der Anteil an Frauen und Männern in den Spitzenpositionen einigermaßen ausgeglichen ist. Außerdem sollen Ausbildungs- und Requalifizierungsprogramme für Frauen, die aus dem Mutterschaftsurlaub zurückkehren, stärker gefördert und Einrichtungen zur Entlastung von Müttern, wie Kindertagesstätten und Krippen, erweitert werden. Angedacht ist auch eine verstärkte Kontrolle der arbeitsrechtlich festgelegten Gleichbezahlung beider Geschlechter für die gleiche Arbeitsleistung.

Die Frage ist nur, was all diese gut gemeinten Regeln und Gesetze bringen, wenn sich in den Köpfen der fast ausschließlich männlichen Entscheidungsträger in der Wirtschaft nichts ändert.

Autor: Olaf Barth
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