Masaryk räumt ab – Tschechische Filmpreise verliehen

Film Masaryk (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Česky lev (Böhmischer Löwe) heißt der wichtigste tschechische Filmpreis. Am Samstag wurden in Prag die Auszeichnungen verliehen – mit einem eindeutigen Sieger.

Julius Ševčík  (links). Foto: ČTK
Das Historien-Drama „Masaryk“ ist der beste tschechische Film des Jahres. Und das mit einem neuen Rekord. Gleich zwölf Auszeichnungen nahm das Team um Regisseur Petr Ševčík mit. Den bisherigen Rekord hielt der Streifen Hořící keř (Der brennende Dornbusch) mit elf Preisen.

In seinem Film beleuchtet Ševčík das Leben von Jan Masaryk, dem Sohn des tschechoslowakischen Staatsgründers. Konkret geht es um die Schicksalsjahre des Politikers vor dem Zweiten Weltkrieg. Allerdings: Masaryk hätte eigentlich gar nicht zum Český lev nominiert werden dürfen. Denn der Streifen kommt erst am Donnerstag dieser Woche in die tschechischen Kinos. Die Macher haben sich deshalb eines Tricks bedient und bereits im Dezember eine Vorpremiere anberaumt.

Der Schauspieler und Chef des Karlsbader Filmfestivals, Jiri Bartoška, äußerte nach der Verleihung gewisse Zweifel an dieser Vorgehensweise:

Jiří Bartoška  (links). Foto: ČTK
„Die Produzenten des Films haben sich ausgerechnet, dass dieser Jahrgang nicht sonderlich stark sein wird. Sie wussten, dass im kommenden Jahr mit den Werken von Jan Hřebejk, Jan Svěrák und Bohdan Sláma starke Konkurrenz wartet. Natürlich: Martin Štrba hat eine wunderbare Kameraführung, Karel Roden spielt ausgezeichnet – der Film ist also sehr gut gemacht. Aber ich glaube, dass es nicht ganz korrekt gelaufen ist.“

Bei internationalen Kritikern rund um die Berlinale beispielsweise floppte „Masaryk“. Die tschechischen Filmkritiker gaben ihm jedoch neben dem Hauptpreis unter anderem die Auszeichnungen für das beste Drehbuch, die beste Regie, die beste Kamera und den besten Schnitt. Wie erklärt sich Regisseur Ševčík den Erfolg?

Michalina Olszańska  (Foto: ČTK)
„Für das tschechische Kino wurden häufig Geschichten aus dem Alltag gedreht. Mittlerweile überfluten aber die Historienfilme den Markt. Ich halte das auch für richtig, denn Themen aus der Geschichte sind interessant, wenn sie gut bearbeitet werden.“

Auch die restlichen zwei Preise aus dem Bereich „Spielfilm“ gingen an ein Biopic: „Já, Olga Hepnarová“ ist die Geschichte der letzten Frau, die in der Tschechoslowakei hingerichtet wurde. In dem Film geht es um die Frage, warum die 22-Jährige damals mit einem Lkw acht Menschen getötet hat – und in wieweit auch die Gesellschaft eine Mitschuld tragen kann.

Auf das Drama entfielen sowohl die Auszeichnung für die beste weibliche Hauptrolle als auch für die beste weibliche Nebenrolle. Olga Hepnarová wird von der Polin Michalina Olszańska gespielt. Warum hat sie die Rolle angenommen?

„Normální autistický film“  (Foto: Archiv des Dokumentarfilmfestivals in Jihlava)
„Ich hatte das Gefühl, dass diese Geschichte erzählt werden muss. Klar, ich bin noch eine junge Schauspielerin und kann mir die Rollen nicht alle auswählen. Aber diese Geschichte fand ich wichtiger als andere. Ich hatte das Gefühl, auch Olga hätte gewollt, dass sie erzählt wird.“

Zum besten Dokumentarfilm wählten die Kritiker ein Porträt autistischer Kinder von Regisseur Miroslav Janek („Normální autistický film“). Den Zuschauerpreis gab es für einen weiteren Historienstreifen, und zwar „Anthropoid“. Der Brite Sean Ellis hat die Geschichte der beiden Attentäter beleuchtet, die 1942 den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich tödlich verletzt haben.

Autor: Till Janzer
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