Český lev: Filmpreis-Verleihung im Zeichen des Kriegs in der Ukraine
Der wichtigste Filmpreis hierzulande heißt Český lev. Am Samstag wurden die „Böhmischen Löwen“, so die sinnigste Übersetzung, erneut verliehen. Doch diesmal war alles anders, denn der feierliche Abend in Prag stand im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine.
Minutenlanger Applaus für die Ukrainer, die ihr Land gegen den russischen Angriff verteidigen. So begann die Verleihung der Böhmischen Löwen am Samstagabend im Prager Konzertsaal Rudolfinum. Bei einer der ersten Preisübergaben hielt die Schauspielerin Elizaveta Maximová eine kleine Rede. Dabei sprach sie über ihre russischen und ukrainischen Wurzeln:
„Mein Herz ist heute bei der Ukraine und den Menschen, die dort heldenhaft ihr Land verteidigen. Mein Herz ist heute aber auch bei meinen Angehörigen, die in Russland leben. Bei meinen Großeltern, die abends immer den Radiosender Echo Moskvy gehört haben, der seit gestern dort offiziell verboten ist. Und bei meinem jüngeren Bruder, der in Moskau bei friedlichen Protesten gegen die Regierung verhaftet wurde. Ich konnte heute nicht schweigen, und mit meinen Worten will ich jene Ukrainer und Russen unterstützen, die Frieden wollen.“
Maximová überreichte den Löwen für den besten Studentenfilm.
Die meisten Auszeichnungen erhielt aber das Sport-Drama „Zátopek“ über den gleichnamigen legendären tschechischen Langstreckenläufer. Insgesamt acht Löwen heimste der Film ein. Regisseur David Ondříček konnte dabei auch die wichtigste Auszeichnung entgegennehmen, nämlich die für den besten Film.
Emil Zátopek wird in dem Streifen von Václav Neužil gespielt, der für seine Rolle als bester männlicher Darsteller geehrt wurde. Der 42-jährige Schauspieler hat auch selbst eine Beziehung zum Laufen, wie er in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks schilderte:
„Meine Bestzeit über fünf Kilometer liegt bei etwa 20 Minuten. Aber die von Emil Zátopek lag, glaube ich, bei 14 Minuten. Das ist der Unterschied zwischen einem Profisportler und einem Schauspieler, der einen Profi mimt. Ich musste wirklich einige Hundert oder vielleicht Tausend Kilometer unter der Aufsicht von Nationaltrainer Jan Pernica laufen, um zu verstehen, was es heißt, der beste Läufer seiner Zeit zu sein. Und so bin ich der Persönlichkeit von Emil Zátopek näher gekommen.“
Als beste Darstellerin geehrt wurde Pavla Gajdošíková. Sie verkörperte die Femme fatale im Liebesdrama „Chyby“ (Fehler).
Zweiterfolgreichster Film gemäß der Zahl der Preise wurde die Low-Budget-Produktion „Okupace“ (Okkupation). Der Streifen von Regisseur Michal Nohejl erhielt drei Löwen, darunter den für das Drehbuch. „Okupace“ spielt zu der Zeit, als die Tschechoslowakei nach der Niederschlagung der kommunistischen Reformbewegung „Prager Frühling“ sowjetisch besetzt war. Es geht um Geschehnisse in einem Provinztheater. Nach einer Bühnenvorstellung kommt ein betrunkener russischer Offizier an die Theaterbar, und das führt zu grotesken Szenen mit dem Ensemble. Drehbuchautor Marek Šindelka lobte nach der Veranstaltung den Ablauf des Abends im Rudolfinum:
„Ich finde es gut, wie die Filmakademie die Preisübergabe gestaltet hat – ohne größere Show-Einlagen, stattdessen fokussiert auf das aktuelle Geschehen in der Ukraine. Im Saal entstand ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Deswegen sind die verliehenen Preise etwas Spezielles.“
Die Veranstalter hatten einen schlichten Abend organisiert, an dem auch auf die Bewirtung verzichtet wurde. Das dafür vorgesehene Geld wurde auf das Konto einer Spendensammlung für die Ukraine überwiesen.