Mehr als (nur) Malerei – Roman Liška

Werk von Roman Liška

Der Maler Roman Liška hat tschechische Wurzeln. Doch er ist in Hamburg geboren, hat in London studiert, lebt in Berlin und arbeitet als künstlerischer Mitarbeiter am Lehrstuhl für experimentelle Malerei und Zeichnung der Bauhaus-Universität Weimar. Für die Podcast-Reihe „Contemporary Czech Art“ des Tschechischen Zentrums in Berlin hat Simona Binko mit Liška ein Interview geführt. Wir haben die interessantesten Passagen daraus zusammengestellt.

Roman, wie sieht eigentlich Dein Arbeitsort aus?

Berlin-Kreuzberg | Foto: A. Savin,  Wikimedia Commons,  Free Art License 1.3

„Das ist mein persönlicher Traum, eine kleinere Remise in Berlin-Kreuzberg. Da habe ich ein Erdgeschoss, was als Lager, Büro, Küche, Viewingroom und als Badezimmer dient. Und dann habe ich nochmal im ersten Obergeschoss einen Raum als Atelier.“

Du pendelst ja auch regelmäßig nach Weimar. Dazu kommen wir aber später. Kannst Du uns jetzt erst einmal erzählen, woran Du gerade arbeitest?

„Ich arbeite nicht in Projekten, sondern ich male meine Arbeiten immer weiter und übermale auch gerne mal Sachen. Sie werden nicht, sobald sie fertiggemalt sind, in die Welt hinausgeschickt. Sie sind erstmal bei mir und reifen vor sich hin. Wenn ich sie mir dann in ein paar Wochen oder Monaten wieder angucke und ich sie immer noch gut finde - was aber selten ist –, dann bleiben sie auch so, wie sie sind. Ansonsten werden sie weiter bearbeitet oder komplett verändert. Es ist ein ziemlich hermetischer Prozess gerade.“

Diene Arbeiten sind meist abstrakt. Früher bist Du manchmal auch in den Raum gegangen und hast eine Art Installationen gemacht. Wie hat sich Deine Arbeitsweise entwickelt?

Quelle:  Tschechisches Zentrum Berlin

„Früher war das metamäßig eine Konversation über Malerei, anstatt das es mit den Mitteln der ‚traditionellen Marei‘ passiert ist. Das lag auch daran, dass ich Malerei sehr schwierig finde. Zugleich ist das die Herausforderung, die es interessant macht. Ich habe mich da seitlich herangeschlichen, indem ich meine früheren Arbeiten eher mit fertigen Materialien, in einer Art Collage oder als ‚Basteln für Fortgeschrittene‘ produziert habe. Diese haben sich eben ganz stark mit dem Sehen, der Haptik und der Materialität auseinandergesetzt. Mein Wunsch, als echter Maler mit echten Farben auf der Leinwand zu arbeiten, hat dazu geführt, dass ich einen Schritt zurückgegangen bin. Eigentlich erfolgt die künstlerische Entwicklung eher so, dass man mit der Malerei anfängt und dann weitere Materialien verwendet oder sich komplett von der Malerei abwendet und strukturelle Arbeit macht. Bei mir ist es vielleicht etwas reaktionär, dass ich genau den umgekehrten Schritt gegangen bin – also ‚Back to the Basics‘.“

Gibt es etwas, von dem Du sagen würdest, dass es Dich in der Malerei besonders geprägt hat?

iPhone | Illustrationsfoto: Jan Vašek,  Pixabay,  CC0 1.0 DEED

„Bei mir waren das richtig viele Sachen. In der Zeit, als ich studiert habe, wurde gerade mobiles Internet wichtig, wo dieser sogenannte Post-Internet-Moment passiert ist. Der wird oft daran festgemacht, dass das iPhone herausgekommen ist und dadurch quasi auch eine realistische Nutzung des Internets überall, wo man sich befand (zumindest im Bereich, wo es das mobile Internet gibt), möglich wurde. Damit ist das Internet in den täglichen Gebrauch eingeflossen. Dadurch haben sich bestimmte Sehgewohnheiten verändert und die Art, wie Kunst auch im Internet zirkuliert und konsumiert wurde und wird. Das war ein Paradigmenwechsel, der die Wahrnehmung oder Rezeption von Kunst oder von Abbildungen grundlegend verändert hat. Man konnte dieses Phänomen beobachten, dass die Studierenden ihre eigenen Bilder fotografiert und auf ihren Handys angeguckt haben. Sie wollten sehen, wie das auf dem Bildschirm wirkt. Denn sie haben realisiert, dass die meisten Menschen dieses Bild nur in einer mediatisierten Form und nur wenige direkt in der Ausstellung sehen werden. Das heißt das, das Wesen des Bildes wurde mehr und mehr in den digitalen Raum verlagert. Daraus ergeben sich bestimmte Überlegungen und Konsequenzen in der Art, die ich gerade besprochen habe. Und genau dieses Thema war für mich interessant. Bei der Wahl der Materialien wollte ich sehen, wie sie im digitalen Raum wirken und sich verändern.“

Bauhaus-Universität Weimar | Foto: Ralf Herrmann,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 2.0 DE

Ich habe schon erwähnt, dass Du an der Uni Weimar als künstlerischer Mitarbeiter an der Professur für experimentelle Malerei tätig bist…

„Ein glücklicher Umstand wollt es, dass ein guter Freund von mir, Florian Schmidt, dort künstlerischer Mitarbeiter an der Professur für Skulptur, Objekt und Installation ist. Er hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass eine künstlerische Mitarbeiterstelle in der experimentellen Malerei und Zeichnung bei Frau Professor Jana Gunstheimer ausgeschrieben ist. Ich habe zufälligerweise ihre Ausstellung gesehen, hatte zuvor ihre Arbeiten aber nicht gekannt. Ich war jedoch irgendwie total beeindruckt unter anderem von dem ungewöhnlichen technischen Können, was die Zeichnung angeht. Da kam mir die Vorstellung, dass ich mit ihr vielleicht gut zusammenarbeiten könnte.“

Wie sind eigentlich Deine Verbindungen zu Tschechien? Darauf sind wir bisher noch nicht eingegangen…

Niederschlagung des Prager Frühlings | Foto: Alex Egervary,  Flickr,  CC BY-NC-ND 2.0

„Ich war sehr erfreut, dass jemand in Deutschland meinen Nachnamen endlich richtig ausgesprochen hat. Ich bin auch nicht pedantisch, aber es ist schon auffällig, da man das sonst nie hört. Mein Vater ist gebürtiger Prager, und ist 1969 mit seiner Familie als 16-Jähriger nach Westdeutschland geflohen. Das war nach der Niederschlagung des Prager Frühlings, weil es mein Großvater ein Berufsverbot erhalten hatte. Meine Verbindung zu Tschechien ist schwierig, weil wir bis zum Fall der Mauer keine Möglichkeit hatten, dort hinzufahren. Und von den wenige Verwandtschaften, dien noch dort waren, waren wir isoliert. Ich habe als Kind auch Tschechisch gesprochen oder die Sprache zumindest besser verstanden als heute. Ich mache immer den Witz, falls jemand aus Tschechien möchte, dass ich ihn verstehe, dass er halb so schnell sprechen muss wie sonst. Es ist ein schwieriges Verhältnis. Aber immer wenn ich Tschechisch höre, werde ich daran erinnert, dass es ein Teil von mir ist.“

Hast Du vielleicht Ambitionen, diesen Teil zu erweitern? Oder hast Du Dich auch schon mit der tschechischen Kunstszene auseinandergesetzt?

Tschechisches Kinderbuch | Illustrationsfoto:  YouTube

„Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das nicht getan habe. Ich bin auch kein Fan davon, die eigene Identität unbedingt in die Arbeit zu tragen. Ich habe nicht so sehr Interesse daran, in Tschechien auszustellen, weil ich tschechische Wurzeln habe, sondern möchte, dass meine Arbeiten für sich stehen und nicht aufgrund meiner Identität in den Vordergrund gestellt werden. Mein Anspruch ist, dass sie eine universelle Qualität haben sollen. Dabei muss ich sagen, dass mich tschechische Kinderbücher oder eine bestimmte Ästhetik, die man dem Sozialismus zuordnen würde, durchaus geprägt haben und ich deswegen nicht behaupten kann, dass ich vollkommend neutral bin. Aber ich bin nicht daran interessiert, dieses in den Vordergrund zu stellen. Ich muss ganz ehrlich gestehen: Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, das ist mein kultureller Background.“

Würdest Du den Zuhörern zum Schluss verraten, was Dein Nachname auf Deutsch bedeutet?

„Er heißt Fuchs.“

Contemporary Czech Art in Berlin“ ist eine Podcast-Reihe des Tschechischen Zentrums Berlin zur zeitgenössischen Kunst in Zeiten von Corona. In Interviews werden dabei Künstlerinnen und Künstler mit Wurzeln in Tschechien und/oder der Slowakei vorgestellt, die schon länger oder erst kurz in Berlin leben. Radio Prag International bringt in Kooperation mit dem Tschechischen Zentrum Berlin einige der Interviews.

https://berlin.czechcentres.cz/de/blog/2020/12/3x3-contemporary-czech-art-in-berlin-s-romanem-liskou

https://www.facebook.com/TschechischesZentrum

https://www.facebook.com/simbin

Autoren: Till Janzer , Simona Binko
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