Mene Tekel 2012: Festival warnt vor Tolerierung des Kommunismus

Mehr als 40 Jahre lang waren die Kommunisten in der Tschechoslowakei an der Macht. Während dieser Zeit wurden über 200.000 Menschen aus politischen Gründen verurteilt. 4500 davon starben im Gefängnis, 248 wurden hingerichtet. In Prag wurde vor einigen Jahren ein internationales Festival initiiert, das an die Gräueltaten der Kommunisten erinnert. Das Festival „Mene Tekel“ wird jedes Jahr nicht zufälligerweise Ende Februar veranstaltet. Am 25. Februar 1948 hatten die Kommunisten die Macht in der ehemaligen Tschechoslowakei ergriffen.

Foto: Martina Schneibergová
Kein Kirchenlied, sondern die „Hymne der Mukls“ erklang in der vollen Nikolaus-Kirche am Altstädter Ring in Prag. Das Wort „Mukl“ ist die Abkürzung für den Ausdruck „muž určený k likvidaci“ –„zur Liquidierung bestimmter Mann“. Viele ältere Herren und Damen in den Kirchenbänken sangen die Hymne mit. Denn die Mehrheit der Anwesenden waren ehemalige politische Gefangene, der eine oder andere war sogar damals „zur Liquidierung bestimmt“ gewesen. Die Vorsitzende der Tschechischen Konföderation der politischen Gefangenen, Naděžda Kavalírová, eröffnete das Festival.

„Der Sinn des Festivals ist es, an die traurigen Kapitel unserer Geschichte zu erinnern, die von den Grausamkeiten des kommunistischen Regimes geprägt sind.“

Jure Knezović
Jure Knezović ist Präsident der Internationalen Assoziation ehemaliger politische Gefangener und Opfer des Kommunismus. Wie erklärt er sich die Tatsache, dass der Kommunismus immer noch toleriert wird?

„Mit den Kommunisten und ihrer Ideologie wurde nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in den 1990er Jahren nicht abgerechnet. Man hätte genauso vorgehen müssen wie im Falle des Nationalsozialismus oder des Faschismus in Italien. Dies ist nicht geschehen, und darum besteht die Gefahr, dass wir den Kommunismus mal in einer anderen Form wieder erleben. Ich habe in meiner Rede in der Kirche daran erinnert, dass die Kommunisten versuchen, den 23. August - den internationalen Gedenktag gegen Totalitarismus - abzuschaffen oder wenigstens zu erreichen, dass er nicht die kommunistische Diktatur betrifft. Dies würde eine Rehabilitierung des Kommunismus bedeuten.“

Daniel Herman  (Foto: ČT 24)
Daniel Herman leitet das Prager Institut für das Studium totalitärer Regime, mit dem die Festivalveranstalter eng zusammenarbeiten. Was die Tolerierung der kommunistischen Ideologie in Europa anbelangt, meint Herman:

„Es gibt vielleicht einen großen Unterschied zwischen dem kommunistischen und dem nationalsozialistischen Totalitarismus: Denn die Kommunisten haben keinen globalen Krieg begonnen und natürlich gab es keinen Nürnberger Prozess gegen den Kommunismus. Aber beide Regime sind genauso gefährlich und absolut negativ. Und darum sind Veranstaltungen wie das Festival ´Mene Tekel´ sehr wichtig.“

Auf dem Programm des Festivals stehen Ausstellungen, Vorträge, Konzerte, Filmvorstellungen, Konferenzen sowie die Nachstellung eines politischen Prozesses aus den 1950er Jahren. Dieses Prozess-Schauspiel wird von Prager Jura-Studenten im Gerichtssaal in Prag-Pankrác gezeigt. Ein Tag des Festivals ist dieses Jahr den politischen Gefangenen in China gewidmet.

Seit sechs Jahren gibt es bereits das „Mene Tekel“. Daniel Herman zieht eine erste Bilanz:

„Die Vergangenheit muss aufgearbeitet werden und das braucht seine Zeit. Dieses Festival ist ein konkretes Steinchen in diesem Prozess. Ich bin sehr stolz darauf, dass auch unser Institut dabei ist, und ich bin davon überzeugt, dass wir auf diese Weise für die Zukunft etwas machen können.“

Das Festival dauert bis zum 26. Februar. Die begleitende Ausstellung im Prager Karolinum ist sogar bis zum 2. März zu sehen. Mehr über das Festival erfahren Sie unter www.menetekel.cz.