Prager Festival „Mene Tekel“ warnt vor Praktiken totalitärer Regime

Mene Tekel“ heißt ein Festival gegen Totalitarismus, das derzeit in Prag stattfindet. Martina Schneibergová hat an einer der Eröffnungsveranstaltungen teilgenommen und stellt die Themen des aktuellen Jahrgangs vor.

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Am Montagabend wurde in der St.-Ludmila-Kirche im Prager Stadtteil Vinohrady ein ökumenischer Gottesdienst für die Opfer der totalitären Regime zelebriert. Es war eine der ersten Veranstaltungen des Festivals „Mene Tekel“ in diesem Jahr. Unter den Teilnehmern waren einige ehemalige politische Gefangene des kommunistischen Regimes. Einer von ihnen war der 91-jährige Leo Žídek. Er erinnerte daran, dass das Festival in diesem Jahr schon zum 17. Mal stattfindet und betonte:

„Der Sinn des Festivals ist es, sich mit dem dunklen Erbe der Gräueltaten auseinanderzusetzen, die während der beiden totalitären Regime des 20. Jahrhunderts begangen worden sind. Zudem möchte das Festival vor dem Übel und den Gewalttaten warnen, die noch heute von totalitären Mächten begangen werden.“

Leo Žídek | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Leo Žídek wurde 1953 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Der Grund war, dass er damals nach Deutschland flüchten wollte, um in Stuttgart zu studieren. Žídek verbrachte nach der Verurteilung acht Jahre lang in den Urangruben von Jáchymov / Joachimsthal. Auch dort stimmten die politischen Gefangenen, wie er sich erinnerte, die „Hymna muklů“ an. Der Begriff „mukl“ ist die Abkürzung für den Ausdruck „muž určený k likvidaci“ – also ein zur Tötung bestimmter Mann. Im Lied wird die Sehnsucht nach der Freiheit und der Rückkehr zur Familie ausgedrückt. Die Hymne erklang auch in der Ludmila-Kirche, einige der Zeitzeugen sangen mit.

Nach dem ökumenischen Gottesdienst wurde in der Kirche eine Ausstellung mit dem Titel „Tváře Cejlu“ eröffnet. Sie dokumentiert das Schicksal von Menschen, die wegen ihrer Anschauung verurteilt wurden und mehrere Jahre im Brünner Gefängnis in der Straße Cejl verbrachten oder dort hingerichtet wurden. Die Schau wurde vom Verein „Paměť“ zusammengestellt. Der Historiker Jakub Straka ist Mitglied des Vereins. Er merkte bei der Vernissage an:

Historiker Jakub Straka | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„In diesem Gefängnis fanden bis 1952 Hinrichtungen statt. Binnen vier Jahren wurden dort zehn Regimegegner hingerichtet. Beachtenswert ist, dass diese Persönlichkeiten sowohl gegen das NS-Regime, als auch gegen das kommunistische Regime gekämpft haben. Zwar gelang es ihnen, den Widerstandskampf gegen die nationalsozialistischen Machthaber zu überleben, aber der Widerstand gegen das kommunistische Regime wurde bald von der Staatssicherheit StB unterdrückt – und sie wurden hingerichtet.“

Festival Mene Tekel | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Als ein Beispiel nannte der Historiker den Widerstandskämpfer Petr Křivka (1897-1951):

„Er war wahrscheinlich der einzige Mensch, dem es gelang, aus dem Gestapo-Gefängnis im Kaunitz-Kolleg in Brünn zu entkommen. Auf dramatische Weise floh er über Frankreich nach Großbritannien. In London diente er bei der Leibwache von Präsident Beneš. Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten im Februar 1948 gründete er eine Widerstandsgruppe. Diese wurde bald von den Agenten des kommunistischen Geheimdienstes StB infiltriert. Křivka wurde zum Tode verurteilt und im Gefängnis in der Cejl hingerichtet.“

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Jakub Straka zufolge ist den totalitären Regimen gemein, dass sie ihre wirklichen sowie mutmaßlichen Feinde aller Grundrechte zu berauben versuchen. Dazu gehöre auch das Recht auf die Menschlichkeit, so der Historiker.

„Das sehen wir heute bei den Regimen in Russland und in Belarus. Ich denke, dass die Ausstellung uns inspirieren und uns Mut für die nächsten Jahre verleihen kann.“

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Auf dem Programm des Festivals stehen zudem Lesungen, Diskussionen und Konzerte. Daniela Řeřichová ist Dramaturgin von „Mene Tekel“:

„Jedes Jahr organisieren wir auch eine Konferenz im Senat. Diesmal steht die Bildung im Fokus. Am Mittwoch eröffnen wir eine Ausstellung mit dem Titel ,Bilder aus Theresienstadt‘. Gemalt wurden sie von Helga Hošková-Weissová, die 1941 mit ihren Eltern nach Theresienstadt verschleppt wurde.“

Das Festival „Mene Tekel“ läuft in Prag noch bis Freitag kommender Woche (8. März). Mehr über das Programm erfahren Sie unter https://www.menetekel.cz/en/

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International
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