Menschenrechte: Wo Tschechien nachbessern sollte
Der 10. Dezember ist Tag der Menschenrechte. Seit dem Sturz des kommunistischen Regimes in der früheren Tschechoslowakei können die Menschen hierzulande darauf vertrauen, dass diese auch geachtet werden. Dennoch äußern Experten bestimmte Bedenken. Die betreffen unter anderem die tschechische Flüchtlingspolitik sowie Waffenexporte, aber auch etwa die Inklusion an Schulen.
Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Aryeh Neier ist Gründer der NGO Human Rights Watch. Er kritisiert, dass sich Tschechien von Havels Werten abgewendet habe. Unter anderem verweist er auf Staatspräsident Miloš Zeman und dessen Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie dem chinesischen Regierungschef Xi Jinping.
„Jeder, der mit Putin oder Xi Jinping paktiert und diese letztlich unterstützt, ist auch zumindest in geringem Umfang verantwortlich für ihren Machtmissbrauch. Kurzfristig mag man mit einem Schmusekurs seine eigenen Interessen sichern. Aber ich bezweifle, dass das auch langfristig dem Land dient. Ich halte die Verurteilung aller Formen von Repressionen für einen ehrenwerten Weg. Wenn Spitzenpolitiker – wie im Fall von Tschechien – beginnen, Repressionen zu unterstützen, dann erniedrigen sie sich selbst“, so Neier.
Aber nicht nur dies kritisieren Menschenrechtler an der tschechischen Politik. Gewandelt hat sich ebenfalls das Verhalten gegenüber Flüchtlingen. In den 1990er Jahren fanden hierzulande viele Menschen aus Bosnien Zuflucht. Mittlerweile sperrt sich Tschechien gegen jegliche Aufnahme von Schutzsuchenden. Selbst die Idee, 50 syrische Kinder und Jugendliche aus griechischen Lagern ins Land zu holen, wurde erst einmal abgelehnt. Das sieht man beim Büro von Amnesty International in Prag mit Bedenken. Sprecherin Martina Pařízková:„Wir haben hier in Tschechien genügend Kapazitäten für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern. Auch das Know-how ist da. Trotzdem sperren wir uns, denen zu helfen, die es am Nötigsten haben und die schon in Europa sind.“
Aryeh Neier wiederum beklagt auch die negative Stimmung in der tschechischen Gesellschaft:„Es ist möglich Hass zu schüren, obwohl nur wenige Flüchtlinge aus islamischen Ländern hier sind. Das zeigt, wie tief das Problem verwurzelt ist. Ich bin mir nicht sicher, ob es eine andere Lösung geben kann, als möglichst umfassend und verlässlich über diese Menschen zu informieren.“
Negativ ist auch die Stimmung gegenüber Roma im eigenen Land. So wurde lange Zeit hingenommen, dass Kinder dieser Minderheit einfach in sogenannte Sonderschulen abgeschoben wurden. Mit einem neuen Gesetz zur Inklusion soll sich dies aber ändern. Die neue Rechtsnorm ist im vergangenen Jahr in Kraft getreten. Derzeit wird an einer Durchführungsbestimmung gearbeitet. Diese könnte jedoch die Bemühungen zu einer Integration von Roma-Kindern konterkarieren.
„Der Vorschlag des Bildungsministeriums ist in vielen Punkten fraglich. Sollte er durchkommen, könnte dies zu einer Segregation zurückführen. Diese ist weiterhin ein Problem des tschechischen Bildungssystems, denn noch immer entstehen Schulen speziell für Roma“, wie Pařízková erläutert.
Ein Kapitel für sich sind die tschechischen Waffenexporte. Sowohl die Regierung als auch Präsident Zeman halten die Rüstungsindustrie für einen wichtigen Teil der Exportstrategie. Leider landen Waffen und Militärtechnik aus tschechischer Herstellung häufig in den falschen Händen. Die Amnesty-Sprecherin:„Fast 40 Prozent der Exporte gehen in Staaten, in denen die Rüstungsgüter gegen die Rechte von Menschen eingesetzt werden könnten. Es sind 37 Länder, in denen ein repressives Regime an der Macht ist und in denen Waffen beispielsweise verwendet werden, um friedliche Demonstrationen zu unterdrücken. Das ist etwa der Fall von Ägypten. Wir exportieren aber auch nach Saudi-Arabien, in den Jemen oder den Irak“, sagt Pařízková.
Immerhin, so Martina Pařízková, werde Amnesty mittlerweile bei den zuständigen Ministerien regelmäßig angehört. Und der Waffenexport laufe transparenter ab.