Minister Herman will in Nürnberg weitere Geste für Versöhnung setzen

Kulturminister Daniel Herman (Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

An diesem Wochenende wird in Nürnberg wieder jene Veranstaltung durchgeführt, die allmählich auch in Tschechien immer mehr Beachtung findet – der Sudetendeutsche Tag. Seit 1950 findet in Bayern das traditionelle Pfingsttreffen Zehntausender Deutschböhmen und Deutschmähren statt. Die Älteren von ihnen tragen zumeist das gleiche Schicksal: Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Tschechoslowakei zwangsausgesiedelt. Dieser Akt hat die Beziehungen zwischen den Tschechen und der deutschen Volksgruppe jahrzehntelang belastet, doch seit gut fünf Jahren stehen die Zeichen klar auf Aussöhnung.

Kulturminister Daniel Herman  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Als der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer im Dezember 2010 seine erste offizielle Reise nach Tschechien machte, resümierte er anschließend: „Das Eis schmilzt.“ Und tatsächlich, seit jenem Seehofer-Besuch in Prag ist die politische Eiszeit zwischen Tschechien und dem Freistaat vorbei. Vor allem von tschechischer Seite wurden Ressentiments inzwischen Stück für Stück ausgeräumt. Deutliche Belege dafür sind der Besuch des damaligen Premiers Petr Nečas 2013 in Bayern oder die Videobotschaft, die Vizepremier Pavel Bělobradek den Teilnehmern des Sudetendeutschen Tages im vergangenen Jahr überbracht hat. Nun will die tschechische Politik einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Aussöhnung zwischen Tschechen und Sudetendeutschen vollziehen: Dem diesjährigen Pfingsttreffen der Sudetendeutschen wird erstmals in offizieller Mission ein Regierungspolitiker aus Prag beiwohnen. Es ist der christdemokratische Kulturminister Daniel Herman, der am Sudetendeutschen Tag schon mehrfach als Ratsmitglied des Deutsch-Tschechischen Diskussionsforums teilnahm. Aber nicht nur deshalb hat Hermann keinerlei Berührungsängste mit den ehemaligen Landsleuten:

„Wir können nicht Deutscher sagen, wenn wir eigentlich Nazi meinen, und wir können nicht Russe sagen, wenn wir Bolschewik meinen. Es ist einfach nicht zulässig, die ethnische und die politische Zugehörigkeit gleichzusetzen. Und das versuche ich im Wesentlichen auch in meinen Handlungen deutlich zu machen.“

Dazu gehört auch die Rede, die Herman bei der Hauptkundgebung am Pfingstsonntag in Nürnberg halten will. Der tschechischen Presseagentur ČTK liegt der Text dieser Rede bereits vor, sie hat vorab bereits Auszüge veröffentlicht. So wird der Kulturminister unter anderem davon sprechen, dass auch Tschechen und Sudetendeutsche weiterhin die Chance haben, an ihre fruchtbaren Beziehungen vor der NS-Zeit anzuknüpfen. Und zwar dann, wenn man sich beiderseits um Verständnis bemühe und dabei auch Gefühle von Scham und Vergebung äußern könne – nur so könnten die Wunden der Vergangenheit wenigstens teilweise verheilen.

Der Vorsitzende der tschechischen Kommunisten  (KSČM),  Vojtěch Filip  (Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Solche Worte und der persönliche Auftritt Hermans in Nürnberg sind vor allem den Kommunisten ein Dorn im Auge. Sie setzen auf die ideologische Karte. Der Vorsitzende der tschechischen Kommunisten (KSČM), Vojtěch Filip, forderte den Kulturminister auch gleich zum Rücktritt auf. Doch Herman reagierte prompt:

„Ich begreife das so, dass der Vorsitzende der Kommunisten nach einem Thema sucht, mit dem er punkten kann. Denn er bemüht sich gerade um seine Wiederwahl. Es ist typisch für die zurückgebliebene Mentalität der Kommunisten, dass ein solches Thema jetzt wieder für eine populistische politische Geste herhalten muss. Das überrascht mich nicht. An einen Rücktritt aber verschwende ich keinen einzigen Gedanken.“

Zum Auftritt Hermans beim Sudetendeutschen Tag in Nürnberg hat Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) hingegen keine Vorbehalte. Und der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, begrüßte dies als starkes Signal für den Versöhnungsprozess.