Minna Pyyhkala
Im heutigen Kultursalon stellt Ihnen Martina Zschocke die Fotografin und Künstlerin Minna Pyyhkala vor. Vor kurzem schloss ihre Ausstellung "Balance Sheet" (Bilanz) in der Doubner Gallery, deren Erlös an das Kunsttherapie-programm der Psychiatrie Prag-Bohnice geht. Minna Pyyhkala war auch Kameramann (-frau) des gerade in Prag angelaufenen Films "Rex-Patriates".
Die Fotografin Minna Pyyhkala ist aktiver Teil der Prager Kunstszene. Kürzlich waren Arbeiten von ihr in Gruppenausstellungen in Manes und der Galerie Tschechischer Plastik und in einer Einzelausstellung mit dem Titel "Balance Sheet" in der Doubner Galerie zu sehen. Minna Pyyhkala lebt seit über 10 Jahren in Prag. In New York lernte sie den tschechischen Dissidenten und Schriftsteller Pavel Zajícek kennen, den sie heiratete und mit dem sie nach der Revolution nach Prag zog. Sie fängt bereits früh an zu fotografieren.
"Ich bekam meine erste Kamera von meiner Mutter und ich glaube, es war eine Olympus. Da war ich ungefähr 17. Ich habe mich schon sehr früh für Fotografie interessiert. Meine Mutter war Fotografin und mein Onkel war Fotograf."
Ursprünglich schrieb sie sich für Modedesign ein, flog aber wegen exzessiven Drogengebrauchs vom College. Später bekam sie ein Stipendium und studierte Kunst, Design und Fotografie in Boston. Nach dem Studium wandte sie sich dann endgültig der Fotografie zu.
" Später hat mich Schwarz-Weiss-Fotografie sehr fasziniert. I habe in einem Studio in New York gearbeitet, wo Supermodels fotografiert wurden. Ich war dort für viele Jahre Assistentin. Dort lernte ich das Handwerk: Fotografieren, Entwickeln und Drucken - alle technischen Aspekte von Fotografie."
In dieser Zeit ist sie nicht nur von schwarz- weiss, sondern auch von Komposition fasziniert. Jeden Abend nach der Arbeit fotografiert und entwickelt sie stundenlang - und das über mehr als 5 Jahre. Inzwischen hat sich ihr Stil sehr geändert. Sie fotografiert fast ausschließlich in Farbe. 1989 kommt sie nach Prag und hat 1991 eine Einzelausstellung im Mama Club und stellt ein Jahr später eine Licht-Photo-Installation am Stalin-Monument aus. Über ihre Fotografie und deren Entwicklung sagt ihr Ex-Ehemann der Schriftsteller Pavel Zajícek:
"Ich traf Minna in New York. Damals war sie schon Fotografin und arbeitete für einen Chinesen, ich glaube der Name des Studios war Zen-Studio. Sie war immer sehr neugierig ihren eigenen Weg in der Fotografie zu gehen, deshalb hat sie viel mit Fotografie als visueller Kunst experimentiert. ... Sie versank geradezu in Fotos. Immer nahm sie ihre Kamera mit. Ihr Stil damals war natürlich anders. Ich denke, Prag ist ein ganz neues Kapitel in ihrer Kreativität."
Ihre Einzelausstellung "Balance Sheet" in der Doubner Galerie Prag kam einer Bilanz gleich. Einer Bilanz ihres bisherigen Lebens und ihrer Arbeit.
"Balance sheet war eine Ausstellung, die darum ging, sich selbst einen Spiegel vorzuhalten und zu sehen, ob, man zufrieden damit ist, wer man ist. Und auf das Leben zurückzublicken und zu prüfen, ob man das getan hat, was man tun wollte. Hat man riskiert oder Angst gehabt. Und würde man sich gut fühlen, jetzt zu sterben ... Es ging darum sein - in diesem Fall mein - Leben zu nehmen und die Plus und Minusseiten auszusortieren - als Bilanz - und zu sehen, was am Schluss rauskommt. Und es war für mich auch ein Ausdruck von Hoffnung und großem Optimismus. Ich habe mich gefürchtet, war verletzbar und war stark. Es geht darum seine Angst zu nehmen und sich mit ihr anzufreunden, die eigenen Dämonen zu nehmen, sie anzusehen, okay das sind sie und mit ihnen zu leben, anstatt sie zu bekämpfen."
"Pyyhkalas suggestive Motive, die in fließenden Momenten festgehalten sind, zusammen mit ihrer hervorragenden Verwendung von Focus, Farbe und Symbolik nimmt den Betrachter mit auf eine Reise durch verschiedene Stufen von Erfahrung", schreibt Mimi Fronczak von der Prague Post.
Ein Teil der Fotos der Ausstellung wurde zur Finnisage versteigert. Das Geld aus dieser Versteigerung soll dem Kunsttherapie-Programm der Psychiatrischen Klinik Prag-Bohnice zugute kommen.
"Der Erlös der Ausstellung geht ans Bohnice Kunst-Therapie Programm. Dieser bestimmte Teil der Psychiatrischen Klinik ist nicht staatsfinanziert und ist vollständig von Spenden abhängig. Ich persönlich wollte das Geld an diese Stiftung geben, weil ich in meinem Leben eine Alkohol-Entziehung hinter mir habe. Ohne diese Behandlung wäre ich jetzt nicht in der Lage, das zu tun, was ich tue. Und ich denke auch, Kunsttherapie kann gut sein für einige - nicht alle - psychiatrische Patienten, deshalb wollte ich diese Art von Programm in Prag unterstützen."
Minna Pyyhkala wird 1964 in Finnland geboren. Als sie noch klein ist, emigrieren ihre Eltern in die USA. 1972 wird Minnas Bruder Mika geboren. Er ist blind und Minna ist sein Auge zur Welt. Alles was sie ihm beschreibt, ist in Begriffen von Emotion, Temperatur und Gefühl. Bis heute zeigt Pyyhkalas Kunst eine erstaunliche Menge dieser Komponenten. 1988 lernt Minna in einer Bar an der Lower East Side in New York den tschechischen Dissidenten und Schriftsteller Pavel Zajícek kennen, den sie heiratet und mit dem sie ein Kind hat.
"Wir lebten in New York und direkt nach der Revolution kamen wir nach Prag. Die Stadt hat mich erstaunt. Ich hatte immer eine Faszination für die Tschechoslowakei. Schon als ich jung war, hatte ich von den über die Grenze geschmuggelten Fotos gehört und gelesen. MIT in Boston hat irgendwie mit Künstlern hier kooperiert um die Arbeiten hinaus zu kriegen. Deshalb war ich gespannt darauf, hierher zu kommen. Und ich erinnere mich hier anzukommen und ich war sehr erstaunt, wie grau alles war, die Sachen, die Strassen. Besonders wenn man aus New York kommt, das so lebendig ist, ich war nur erstaunt. Jetzt ist das ganz anders."
Doch der Beginn in Prag war für Minna Pyyhkala auch in anderer Beziehung nicht so einfach.
"Pavel war eine ziemlich bekannte Figur hier. Er war - gemeinsam mit den Plastic People of the Universe - Gründer der Musikgruppe DG 307. Und er war im Gefängnis mit Havel. Als er zurückkam, wurde er ganz herzlich willkommen geheißen. Ein tschechischer Dissident kehrt zurück nach Prag. Zu dieser Zeit wurden eine Menge seiner Bücher publiziert und es wurde Musik aufgenommen, es gab Bandwiedervereinigungen. Das war eine fröhliche, aufbauende und umarmende Zeit für ihn. Und ich zu dieser Zeit - in New York ging es mir ziemlich gut - und plötzlich begann ich mich klein zu fühlen in seiner Anwesenheit. Ich wurde ständig als seine Frau vorgestellt, was mich verrückt gemacht hat. Es ist immer noch eine ziemlich sexistische Gesellschaft. Und als jemandes Frau abgehakt zu werden war schrecklich. In New York war das ein bisschen anders. Pavel arbeitete als Möbelträger und ich arbeitete in diesem Hochglanzstudio, ich habe eine Menge guter Kunst und Fotos gemacht, hatte Ausstellungen. Die Rollen drehten sich um, als wir nach Prag kamen und jetzt wendet sich das Blatt wieder in gewisser Weise."
Seit mehr als 10 Jahren lebt Minna Pyyhkala inzwischen in Prag. Auf die Frage, wo sie ihre Heimat sieht, reagiert sie etwas ratlos.
"Ich wurde in Finnland geboren und wuchs in Boston auf. Dann lebte ich in New York und jetzt lebe ich in Prag. Was ich mich frage ist, wenn ich sterbe, wo würde ich gern begraben sein. Ich fühle eine starke Verbindung zu Finnland, Ich fühle mich stark verbunden mit New York City, aber ich fühle mich überhaupt nicht mit Amerika als Ganzem verbunden, ich fühle mich stark mit Europa verbunden. Aber ich weiß nicht, wo ich wirklich hingehöre. Hier fühle ich mich oft verloren, weil ich keine tschechische Künstlerin bin. Ich habe einen Club gegründet, den Foto-Club. Der ist für Ausländer. Am 12. Mai haben wir unsere erste Ausstellung, die sich "Foreign" (Fremd) nennt. Was es bedeutet fremd zu sein Sie wird in der Bedroom-Galerie stattfinden, direkt neben Akropolis in Zizkov. Wir sind Künstler aus den USA, Frankreich, Großbritanien etc."
Die Vernissage der Ausstellung "Foreign", in der auch Minna Pyyhkala ausstellen wird, findet am 12. Mai von 17.30-20.30 Uhr in der Bedroom-Galerie Prag statt.
Minna Pyyhkala hat auch jahrelang für den Film gearbeitet und wirkte u.a. an einigen wichtigen Hollywood-Produktionen mit. Sie führte auch die Kamera beim gerade in Prag angelaufenen Film "Rex-Patriates". Dieser Film ist u.a. am 26. April und am 3., 5., 10. und 17. Mai im Bijásek-Kino (ehemals Kotva) in Prag zu sehen.