Mit Dreschflegel für den Glauben: Neue Ausstellung im Hussitenmuseum in Tábor
Die südböhmische Stadt Tábor wurde 1420 von den Hussiten gegründet und ist darum mit der hussitischen Bewegung viel enger verbunden als andere tschechische Städte. Das hiesige Hussitenmuseum findet man auf dem Marktplatz im Gebäude des alten Rathauses von Tábor. Eine neue moderne Dauerausstellung über die Hussiten wurde im Museum am vergangenen Dienstag eröffnet.
„Als wir die Pflasterung in der Eingangshalle des alten Rathauses beseitigten, stellten wir fest, dass es hier interessante archäologische Funde in einigen historischen Schichten gibt. Meine Kollegen von der Archäologie haben das Terrain erforscht und fanden hier Baufragmente aus der Zeit, als die Hussitenstadt Tábor gegründet wurde. Es handelte sich um besondere Bauten, die wir Erdhütten nennen. Am Ort der Eingangshalle stand die größte der drei Erdhütten. Aus ihr stammen auch die meisten Funde, die an die Stadtgründer erinnern. Gefunden wurden Waffen sowie Werkzeuge, mit denen die Erdhütten gebaut wurden. Das gotische Gebäude des alten Rathauses entstand erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.“
Von der Eingangshalle des ehemaligen Rathauses geht es direkt in die neue Ausstellung. Einleitend kann sich der Besucher einen kurzen Film anschauen, der ihm die Atmosphäre des späten Mittelalters näherbringt. Der Streifen erläutert, warum es gerade in Böhmen zu einem einzigartigen Versuch kam, die katholische Glaubenslehre sowie nachfolgend die ganze spätmittelalterliche Gesellschaft zu ändern.Die Ausstellung ist in zehn Räumen installiert. Zdeněk Vybíral sagt, er habe mit seinen Kollegen versucht, das Gesamtthema des Hussitentums in einige Bereiche zu gliedern.
Aufmerksamkeit erfährt hier auch der Einfluss des Hussitentums auf die moderne Geschichte des tschechischen Volkes. Und abschließend kann sich der Besucher mit der Entstehung der Hussitenstadt Tábor und seiner weiteren Entwicklung bekannt machen.
Die Ausstellung wurde mit viel Rücksicht auf die jüngsten Museumsbesucher vorbereitet. Aber auch erwachsene Besucher können die etwas spielerische Darstellungsart richtig genießen - vor allem beispielsweise beim Thema der Taktik und Kampftechnik der Hussiten. Ein sehr präzise gestaltetes großes Modell zeigt die Eroberung einer Burg durch die Hussitentruppen. Daneben läuft ein Dokumentarfilm, in dem die Waffen der Hussiten einzeln vorgestellt werden. Die Kraft der Hussiten habe aber nicht nur in den Waffen bestanden, meint Zdeněk Vybíral:
„Zum Erfolg der Hussiten haben im Grunde genommen drei Elemente beigetragen. Erstens war ihr Glaube wichtig. Denn sie kämpften nicht für fremde Interessen, auch wenn sich später ein Teil der hussitischen Kämpfer so zu sagen professionalisiert hat. Aber der erste Impuls dazu, die Waffe in die Hand zu nehmen, war die Bemühung, den eigenen Glauben im katholischen Europa zu verteidigen. Die Begeisterung, die Moral und die Überzeugung, dass sie für eine richtige Sache kämpfen, haben die Hussiten sehr stark gemacht. Zweitens fingen sie an, mit dem Schießpulver eine neue Waffentechnik im Feld einzusetzen. Drittens waren die Disziplin der Hussiten und ihre damals moderne Taktik von Bedeutung. Sie nutzten beim Kampf auch List. Sie waren imstande, sich schnell von einem Ort zum anderen zu bewegen. Zur neuen Taktik gehörte die berühmte Wagenburg, hinter der sich die Kämpfer verstecken konnten. Und zudem nutzten die Hussiten nicht nur Schießwaffen, sondern oft auch weniger übliche Waffen, die aus dem Milieu der Bauern stammten – vor allem Dreschflegel.“ Der Besucher wird in die Ausstellung richtig hineingezogen. Eine szenische Beleuchtung trägt zur mittelalterlichen Atmosphäre bei. Dazu kommen Original-Gegenstände in Vitrinen, die aus den archäologischen Ausgrabungen stammen. Darunter sind Fragmente von Waffen, aber auch Alltagsgegenständen. Kinder kommen in der Ausstellung jedenfalls nicht zu kurz. Der Historiker:„Ein spezielles Kinderprogramm versucht in der Form eines Comics die wichtigsten historischen Tatsachen zu erläutern, die mit der Hussitenbewegung zusammenhängen. Wir haben aber festgestellt, dass das Programm sowohl Kinder als auch erwachsene Besucher stark anzieht. Manchmal sind jedoch die für Kinder bestimmten Elemente in der dem Kind entsprechenden Höhe platziert, was den Erwachsenen Probleme machen kann.“
Die Hussitenbewegung war jedenfalls eine Sache von europäischer Bedeutung - ob es um die Bemühungen um eine Kirchenreform ging oder um die damit verbundenen Kämpfe um die politische Macht. Dies wird auch in der Ausstellung deutlich gemacht. Die Führung durch das Hussitenmuseum werden wir in der nächsten Ausgabe des Reiselands Tschechiens fortsetzen.Fotos: Autorin