Musik in Polstern und Design-Shop

Design Pop Up Shop (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Berlin)
0:00
/
0:00

Architektur, Film, Musik eine Diskussion und Design – die Veranstaltungen des Tschechischen Zentrums in Berlin bieten in der nächsten Zeit ein breites Spektrum an. Mehr dazu im Interview mit der stellvertretenden Leiterin des Zentrums, Christina Frankenberg.

Houpací koně  (Foto: Zdeňka Kuchyňová)
Frau Frankenberg, innerhalb zwei Wochen stehen bei Ihnen im Tschechischen Zentrum zwei musikalische Auftritte an. Sie dürften recht unterschiedlich werden – mit den Havels an diesem Donnerstag und der Band Houpací koně in der Reihe Wilhelmstr./unplugged am 11. November…

„Jetzt am Donnerstag wird sich unsere Galerie in einen ganz besonderen Konzertsaal verwandeln. Wir werden den Raum nämlich mit Teppichen und Kissen richtig gemütlich ausstatten. So kann man dem Konzert von Irena und Vojtěch Havel, also den Havels, in sehr bequemer Atmosphäre lauschen kann. Ihre Musik ist ein Mix aus ganz verschiedenen Einflüssen wie europäischer Klassik und orientalischen Strömungen. Bei ihrem Auftritt in Berlin zeigen sie den Film ‚Puškar‘, den sie in Indien bei einem großen geistlichen Fest gedreht haben. Die Projektion begleiten sie dann mit ihrer ganz eigenen Musik von Cello, Viola da Gamba, tibetischen Klangschalen, Glocken und Gesang. Bei Houpací koně erwartet uns wirklich etwas ganz anderes. Es ist Musik in der Tradition des alternativen amerikanischen Gitarrenrock. Die Band aus Ústí nad Labem gilt bei tschechischen Musikkritikern als beste Gitarrenband nach 1989. Und sie wird in Berlin entsprechend dem Namen unserer Reihe auch unplugged auftreten.“

Siedlung Solidarita  (Foto: Ian Willoughby)
Die Siedlung Solidarita im Prager Stadtteil Strašnice wurde nach dem Krieg erbaut. Bei Ihnen wird die tschechische Kunsthistorikerin Barbora Špičáková dazu einen Vortrag halten. Was ist so interessant an der Siedlung?

„Es ist eine der ersten Siedlungen nach dem Krieg in der Tschechoslowakei, die in Plattenbauweise errichtet wurde. Allerdings handelt sich um Reihenhäuser und nicht um Wohnblöcke. In diesen kleinen Häusern finden die Bewohner Privatsphäre, ergänzt um Gemeinschafträume. Darin ist diese Wohnsiedlung bis heute ziemlich einmalig geblieben.“

Und der Vortrag ist auf Englisch…

Children online  (Foto: Archiv des Festivals Eine Welt)
„Der Vortrag von Barbora Špičáková, die auch eine neue Architekturgalerie in Prag leitet und über die Siedlung Solidarita ein Buch geschrieben hat, wird in englischer Sprache sein.“

Wir kommen zum Film. Beim Dokumontag am 20. November zeigen Sie den Streifen Děti online bzw. Children online. Der Titel deutet es an, worum es geht, aber vielleicht können Sie dies noch weiter erläutern…

„Die Regisseurin Kateřina Hager stellt in ihrem Dokumentarfilm drei Kinder im Alter von 12 bis 15 Jahren vor: Zachy, Oskar und Nikola. Alle drei gehen auf den ersten Blick recht souverän mit dem Internet um. Zachy hat einen eigenen Youtube-Kanal mit sehr vielen Followern. Oskar ist eher ein Gamer. Und Nikola bewegt sich regelmäßig im Internet, wo sie auch Bekanntschaften mit Jungs macht. Auf den zweiten Blick erkennt man aber, dass die Souveränität der Kinder auch ihrer Grenzen hat. Zachy mit dem Youtube-Kanal bekommt etwa viele Hasskommentare. Bei Oskar ist man sich nicht sicher, ob sein Spielen nicht bereits Suchtverhalten aufweist. Und Nikola hat bei ihren Bekanntschaften im Internet auch schon schlechte Erfahrungen machen müssen. Der Film zeigt die Kinder in Pubertät und ihr Umgang mit den Neuen Medien sowie auch ihre Eltern, die ihrem Nachwuchs in dieser Welt überhaupt nicht folgen können.“

Und dieser Film läuft zuvor auch schon beim Filmfestival in Cottbus, das von 7. bis 12. November stattfindet…

„Ja, bei diesem Festival mit Filmen aus Mittel- und Osteuropa gibt es einen Schwerpunkt zu modernen Medien. Diesmal sind insgesamt viele tschechische Filme dabei, zum Beispiel bei der Reihe mit dem Titel ‚Bruderkuss‘ zum 100. Jahrestag der Oktoberrevolution in Russland. Die Reihe beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Realsozialismus und der kommunistischen Ideologie im Film. Dann gibt es einen Schwerpunkt ‚Vietnam in Europa‘, der die Schicksale von ehemaligen vietnamesischen Gastarbeitern und ihren Familien in Mittelosteuropa untersucht. Auch dort laufen mehrere Beiträge aus Tschechien. Zudem kommen bekannte Filmemacher nach Cottbus, etwa Jan Svěrák. Er stellt dort seinen neuen Spielfilm ‚Po strništi bos‘, also ‚Barfuß übers Stoppelfeld‘ vor.“

Jaroslav Ostrčilík  (Foto: ČT24)
Deutsch-Tschechisch wird es dann am 22. November bei Ihnen. Da steht eine Podiumsdiskussion an unter anderem mit dem diesjährigen Georg-Dehio-Förderpreisträger Jaroslav Ostrčilík aus Brünn. Was ist zu ihm zu sagen, worum geht es, und wer sind die Mitdiskutierenden?

„Diese Veranstaltung trägt den Titel ‚Auf dem Weg zur Versöhnung‘ und beschäftigt sich mit den schwer belasteten deutsch-tschechischen Beziehungen. Dabei geht es darum, wie sich die junge Generation relativ frei mit dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung auseinandersetzt. Der Autor, Journalist und Aktivist Jaroslav Ostrčilík gehört zu dieser Generation. Er ist Mitorganisator des Festivals ‚Meeting Brno‘ und hat vor allem 2009 den ‚Marsch der Versöhnung‘ ins Leben gerufen. Bei diesem Marsch gehen die Teilnehmer in umgekehrte Richtung auf dem Weg des Brünner Todesmarsches von 1945. Jaroslav Ostrčilík hat sich als Gesprächspartner Bernd Posselt gewünscht, den Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, sowie Matěj Spurný, Historiker und Mitbegründer der Organisation Antikomplex. Auch Spurný ist ein Vertreter der jüngeren Generation, der sich mit der gemeinsamen Geschichte von Tschechen und Deutschen beschäftigt.“

Design Pop Up Shop  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Berlin)
Und dann sind wir ja schon im Advent und bei den Weihnachtsvorbereitungen. Erneut planen Sie da die Verkaufsausstellung Design Pop Up Shop. Was gibt es dieses Jahr dort anzuschauen und auch zu erwerben?

„Der Design Pop Up Shop wird dieses Jahre am 30. November eröffnet. Er steht unter dem Motto ‚There Is My Home‘ und beschäftigt sich mit den Fragen: Gibt es nationales Design? Was unterscheidet das tschechische zum Beispiel vom italienischen oder skandinavischen Design? Verbindet etwas alle Designwerke aus Tschechien, und wenn ja, was ist daran tschechisch? Das ist sozusagen der theoretische Überbau der Veranstaltung. Und wir werden ganz verschiedene Designprodukte aus Tschechien vorstellen, aus Porzellan, Glas und Holz beispielsweise. Es sind sowohl Stücke junger Designer, als auch von Firmen mit langer Tradition. Dies alles kann man demnächst auch auf unseren Internetseiten einsehen. Zu sehen sind etwa Biergläser, Teppiche, Tapeten, Wohnaccessoires oder Spielzeug. Der Design Pop Up Shop lässt sich dann 14 Tage lang im Tschechischen Zentrum besuchen.“

Autor: Till Janzer
schlüsselwort:
abspielen