Nach 80 Jahren zurückgegeben: Italienische Carabinieri finden in Triest wertvolles Buch aus Olmütz
Vor 80 Jahren ist ein wertvolles historisches Buch spurlos aus der Bibliothek des Metropolitankapitels von Olomouc / Olmütz verschwunden. Nun wurde es dem Olmützer Erzbistum zurückgegeben.
Das Buch trägt den Titel „Postilla super epistolas et evangelias“. Verfasst wurde es im 15. Jahrhundert vom Dominikaner Wilhelm aus Paris. Dass die Postilla einst Bestandteil der Olmützer Bibliothek geworden sei, gebe viele Rätsel auf, sagt Štěpán Kohout in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Er ist Archivar von der Olmützer Zweigstelle des Landesarchivs in Opava / Troppau:
„Wir wissen, dass sich früher das Werk in den Händen eines tschechischen Protestanten befand. Dieser schrieb einige Notizen in das Buch, die scharf antikatholisch waren. Später geriet die Postilla in die Hände des Olmützer Kanonikers David Pipper aus Jáchymov, der auch Bibliothekar des hiesigen Metropolitankapitels war. In den 1620er Jahren schenkte er das Werk der Bibliothek.“
Dort befand sich das Buch bis in die 1940er Jahre. Damals bekam es zwei Signaturen. Diese spielten eine tragende Rolle, als nun vor Kurzem die italienischen Carabinieri in einer Auktionshalle in Triest auf das verschwundene Werk stießen. Der Bischof von Olmütz, Antonín Basler, liest die Signatur vor:
„Dort steht: ‚Katholische Bibliothek des Domkapitels in Olomouc‘. Dank dieser Bezeichnung wurde die Herkunft des Buchs bestimmt und der Titel durfte nicht verkauft werden, da er als Eigentum der Kapitelbibliothek identifiziert wurde.“
Die Postilla enthalte Interpretationen von Auszügen aus Evangelien und Apostelbriefen, die bei den Gottesdiensten vorgelesen worden seien, erläutert Archivar Kohout:
„Der Titel erschien in rund 150 Auflagen. Allein zwischen der ersten Auflage des Buchs von 1473 und dem Jahr 1500 erschien es 113-Mal. In der damaligen Zeit war es ein erfolgreiches Werk, weshalb verhältnismäßig viele Exemplare erhalten geblieben sind. In der Kapitelbibliothek befinden sich drei Exemplare verschiedener Auflagen. Das wiedergefundene Buch ist nun das vierte. Das historische Handbuch hilft bei der Interpretation der Texte, die bei der Messe gelesen wurden. Wenn sich der Priester auf den Gottesdienst vorbereitete, wusste er, was diesmal in der Kirche gelesen wird und fand den zuständigen Text, dazu die Auslegung und vielleicht fiel ihm etwas für die Predigt ein. Der Herausgeber schreibt im Vorwort, das Buch sei für unerfahrene Kleriker und nicht genügend gebildete Prediger bestimmt. Sie sollten sich von der Postilla belehren lassen. Ich denke, dass der Titel diese Aufgabe wunderbar erfüllt hat.“
Bischof Basler erfuhr vor zwei Jahren von dem wiedergefundenen Buch.
„Wir haben einen Brief vom Gericht bekommen. Darin wurden wir darüber informiert, dass das Buch gefunden wurde und dass wir uns innerhalb von drei Monaten um das Werk kümmern sollen. Wir haben dann Gespräche mit den Carabinieri aufgenommen. Ich habe einen italienischen Priester beauftragt, der sich im Bereich Kulturerbe stark engagiert, und mit seiner Hilfe wurde die Rückgabe verwirklicht.“
Das Buch übergab dem Bischof feierlich Oberst Giuseppe Mersaglia. Er ist stellvertretender Leiter eines Teams, das sich auf den Schutz von Kulturdenkmälern spezialisiert hat. Sein Team verfüge über die größte Datenbank von gesuchten und verlorenen Kulturdenkmälern weltweit, betonte er. Insgesamt sind darin mehr als sieben Millionen Gegenstände verzeichnet.
An der Übergabe des historischen Werks nahm auch Marek Dráč teil. Der Experte vom tschechischen Kulturministerium merkte an, es passiere öfter, dass ein verschwundener Kunstgegenstand nach Tschechien zurückgegeben werde.
„Oft geht es um Kunstgegenstände, die aus den Kirchen gestohlen wurden. Vor allem in den 1990er Jahren kam es zu Plünderungen von Gotteshäusern im Grenzgebiet. Viele der gestohlenen Gegenstände landeten daraufhin in den Nachbarländern, meistens in Deutschland und in Österreich und zum Teil auch in Italien. Wir arbeiten derzeit gemeinsam mit der italienischen Polizei an der Rückgabe einer Plastik, die der Pfarrei in Chotětov gehört. Die Carabinieri haben sie in einem Antiquitätenladen in Venedig beschlagnahmt.“