• 16.06.2002

    Präsident Vaclav Havel hat am Sonntag -wenige Stunden nach dem Wahlsieg der Sozialdemokraten - mit Sondierungsgesprächen begonnen. Für Sonntagnachmittag lud er die Vorsitzenden aller Parlamentsparteien mit Ausnahme der Kommunisten ein. Als erster traf der Vorsitzende der Sozialdemokraten (CSSD) Vladimir Spidla auf der Prager Burg ein. Spidla räumte nach dem Treffen mit Vaclav Havel ein, er habe den Vizepremier Pavel Rychetsky und einige weitere Mitglieder des CSSD-Vorstands mit der Ausarbeitung entsprechender Übereinkommen über eventuelle künftige Koalitionsregierungen beauftragt. Präsident Havel trifft noch mit den Vertretern des Wahlbündnisses der Koalition, Hana Marvanova und Cyril Svoboda, sowie mit dem Vorsitzenden der Bürgerdemokraten (ODS), Vaclav Klaus zusammen.

  • 16.06.2002

    Der CSSD-Vorsitzende Vladimir Spidla erklärte am Sonntag in einem Gespräch für den Tschechischen Rundfunk, er habe vor die Gespräche mit den Vertretern der Koalition über die Regierungsbildung bald aufzunehmen. Die Koalition würde zusammen mit der CSSD rechnerisch über eine knappe Mehrheit von 101 der 200 Sitze im neuen Abgeordnetenhaus verfügen.

  • 16.06.2002

    Die eventuelle Regierung der Sozialdemokraten mit der Koalition wird sehr instabil sein und ihre Chancen, die ganze vierjährige Legislaturperiode zu überstehen, sind gering. Darauf einigten sich Politologen, die am Sonntag von der Nachrichtenagentur CTK angesprochen wurden. Die Mehrheit von 101 Mandaten von 200 ist nur eine "Pseudomehrheit", meinte Tomas Lebeda. Bohumil Dolezal fügte hinzu, dass sich darauf nur ein Selbstmörder verlassen kann. Er ist trotzdem der Meinung, dass CSSD-Vorsitzender Spidla die Koalition jetzt wirklich ansprechen wird, weil er sich bereits vor den Wahlen in diesem Sinne äußerte. Spidlas Verbündeter - die Koalition - habe jedoch - so der Politologe - in den Wahlen versagt. Dolezal und Lebeda erinnerten daran, dass im Parlament auch zwei unabhängige Parlamentarier die Koalition vertreten werden, bei denen man kaum mit einer strengen Einhaltung der Parteianordnungen rechnen könne.

  • 16.06.2002

    Die Sozialdemokraten haben in zwölf von den insgesamt 14 Landkreisen gesiegt. Die höchste Stimmenzahl - 36,1 % erhielten sie im Mährisch-Schlesischen Landkreis. Die Bürgerdemokraten siegten in Prag und im Landkreis Liberec/Reichenberg. In beiden Landkreisen lag die CSSD an zweiter Stelle. Die Bürgerdemokraten lagen in acht Landkreisen an zweiter Stelle, nur in den Landkreisen Vysocina, Olomouc/Olmütz, Usti nad Labem/Aussig an der Elbe und im Mährisch-Schlesischen Landkreis erhielten die Kommunisten-KSCM die zweithöchste Stimmenzahl. Die Koalition lag in der Mehrheit der Landkreise an vierter Stelle. Im Landkreis Karlovy Vary/Karlsbad erhielt sie sogar kein einziges Mandat.

  • 16.06.2002

    Das Resultat der tschechischen Wahlen bestätigt die pro-europäische Orientierung der Tschechischen Republik und ist ein Beweis für die Stabilität der tschechischen Demokratie. Dies erklärte heute in Brüssel EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen. Nach den Worten von Rutger Wissel, dem Unterhändler der EU-Kommission für Tschechien, wird die EU-Kommission die Entstehung der tschechischen Regierungskoalition mit Interesse verfolgen.

  • 16.06.2002

    Der Misserfolg der Bürgerdemokraten bei den Parlamentswahlen ist nach Meinung des Politologen Tomas Lebeda möglicherweise teilweise durch die Wahltaktik der ODS verursacht worden, die alles auf die Persönlichkeit von Vaclav Klaus setzte - insbesondere zum Abschluss der Kampagne, als die noch unentschiedenen Wähler angesprochen werden sollten.

  • 16.06.2002

    Die tschechischen Abgeordnetenhauswahlen haben den internationalen Standards und Ansprüchen auf demokratische Wahlen entsprochen. Zu diesem Schluss kamen die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). In ihrer Erklärung, die am Sonntag von der Nachrichtenagentur CTK veröffentlicht wurde, gab es auch kritische Bemerkungen. Die OSZE stellte u. a. fest, dass nur 58 Prozent der Wahlberechtigten zu den Wahlurnen kamen, was bedeutend weniger als 1998 ist.

  • 16.06.2002

    Im Ausland lebende tschechische Bürger hatten dieses Jahr zum ersten Mal seit der Entstehung der Tschechischen Republik die Möglichkeit, an den Abgeordnetenhauswahlen teilzunehmen. Auch wenn die Sozialdemokraten die Wahl gewannen, war unter den Wählern im Ausland das Wahlbündnis der Koalition am erfolgreichsten. Laut den vom Tschechischen Statistischen Amt heute veröffentlichten Daten wurde sie von 33,9 % der Wähler gewählt. An zweiter Stelle lag die ODS mit 27,7 Prozent der Stimmen, vor der CSSD mit 25,3 Prozent. Die Kommunisten erhielten im Ausland lediglich 2,7 Prozent. Der Erfolg der Koalition bei den Auslandstschechen hängt nach Meinung des Kommentators Bohumil Pecinka vom Wochenmagazin Reflex vor allem mit der Tatsache zusammen, dass sich die Koalition Jahre lang für das Recht der Auslandstschechen eingesetzt hatte, an den Wahlen teilzunehmen. Die niedrige Wahlbeteiligung der Auslandstschechen bezeichnete Pecinka jedoch als Blamage.

  • 16.06.2002

    Die niedrige Wahlbeteiligung der im Ausland lebenden Tschechen wurde durch die Bürokratisierung der Wahlen verursacht. Dies erklärte der Kommentator der Wochenzeitung Respekt Petr Holub im Tschechischen Fernsehen. Seinen Worten zufolge kommt der Wahlmodus den im Ausland lebenden Tschechen wenig entgegen.

  • 15.06.2002

    Das vom Tschechischen Statistischen Amt vorgelegte vorläufige Ergebnis zeigt: Die regierenden Sozialdemokraten (CSSD) haben die Abgeordnetenhauswahlen in Tschechien erneut gewonnen. Nach Auszählung von 97% der Stimmbezirke erhielt die CSSD 30,2 Prozent, damit allerdings um 2% weniger als 1998. Dies entspräche 71 Sitzen, gegenüber 74 vor vier Jahren. Die sog. Koalition, die erstmals als Bündnis dreier bürgerlich-liberaler Parteien antrat, konnte 14,2 Prozent und damit 31 Sitze erreichen. Im Falle einer Regierungskoalition dieser beiden Parteien hätten sie demnach eine hauchdünne Mehrheit von 101 von 200 Sitzen. Die ODS kam auf etwa 24,4 Prozent und verlor damit gegenüber 1998 mehr als 3%. Daraus ergeben sich 57 Mandate - 1998 waren es noch 63. Die Kommunisten haben die Koalition als drittstärkste Kraft im Lande abgelöst. Die frühere Staatspartei kam auf 18,55 Prozent (1998: 11). Dies entspricht 41 Mandate (1998: 24). Die Wahlbeteiligung lag nur bei etwa 58 Prozent (1998: 74).

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