Nächtliche Ausgangssperre und Homeoffice – Tschechien verschärft den Kampf gegen Corona
Ab Mittwoch werden hierzulande die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus noch einmal verschärft. Zum befürchteten harten Lockdown kommt es zwar nicht, aber es gilt vor allem eine nächtliche Ausgangssperre.
Die Corona-Lage in Tschechien ist weiterhin alarmierend. Dabei wurden vor knapp zwei Wochen bereits alle Gastbetriebe sowie die meisten Geschäfte geschlossen. Kulturbetrieb und Sport ruhen ebenfalls, Schulen haben schon länger keinen Präsenzunterricht mehr. Das habe sich aber kaum auf die Zahl der Neuinfektionen ausgewirkt, musste Gesundheitsminister Roman Prymula (parteilos) am späten Montagabend bei der Pressekonferenz zu den neuen Maßnahmen eingestehen. Die Zahl würde nämlich weiter steigen:
„Der Grund ist, dass die Mobilität der Menschen in Tschechien nicht wie erwartet zurückgegangen ist. Die Maßnahmen, die noch bei der ersten Corona-Welle hierzulande gewirkt haben, zeigen jetzt deutlich weniger Effekt. Die Bereitschaft, sich an die Anordnungen zu halten, ist relativ niedrig.“
Deswegen hat die Regierung am Montag bei ihrer Sitzung eine Verschärfung der Maßnahmen beschlossen. Sie gilt vorerst bis 3. November. Für einen harten Lockdown wie in Israel habe sich im Kabinett aber keine Mehrheit gefunden, schrieb Innenminister Jan Hamáček (Sozialdemokraten) am Dienstag über den Kurznachrichtendienst Twitter.
Stattdessen gilt ab Mittwoch eine nächtliche Ausgangssperre, und zwar zwischen 21 Uhr abends und 5 Uhr früh. Nur in wenigen Ausnahmen darf das Haus dann noch verlassen werden, unter anderem für den Weg zur Arbeit und deren Ausübung oder in medizinischen Notfällen. Außerdem fordert der Gesundheitsminister alle Arbeitgeber auf, ihre Angestellten zu Hause arbeiten zu lassen:
„Dort, wo dies möglich ist, sollten die Angestellten ins Homeoffice gehen. Dies gilt für die gesamte Wirtschaftsstruktur, von den staatlichen, über die öffentlichen bis zu den privaten Unternehmen.“
Weitere Regelungen schränken den Handel ein. Alle Geschäfte müssen spätestens um 20 Uhr schließen. Am Sonntag besteht ein Verkaufsverbot für den Einzelhandel. Zudem dürfen einige weitere Geschäftstypen nicht mehr offen sein, wie unter anderem Möbelhäuser.
Dass diese Maßnahmen aber die Corona-Zahlen wieder sinken lassen, daran zweifeln viele Oppositionspolitiker. Sie werfen der Regierung vor, planlos zu handeln. Piratenchef Ivan Bartoš stellte am Dienstag die rhetorische Frage, was eine nächtliche Ausgangssperre bringe, wenn ohnehin Gastbetriebe, Kultureinrichtungen und Geschäfte geschlossen sind. Und der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerdemokraten Martin Baxa sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Sicher wird das nächtliche Ausgangsverbot eine Wirkung haben und auch, wenn mehr Menschen von zu Hause arbeiten. Ich habe aber Zweifel, dass die Maßnahmen wirklich gezielt sind und auf konkreten Daten beruhen.“
Interessant sind beispielsweise die neuesten Infektionszahlen des Gesundheitsministeriums. Darauf wies am Montag ein Beitrag auf dem Nachrichtenserver Novinky.cz hin. Demnach gibt es zwar in den größten Städten des Landes relativ viele Corona-Infizierte, doch die höchsten Siebentages-Inzidenzen haben derzeit kleinere Orte und Städte. So liegt ganz vorne in der Liste das Städtchen Valašské Klobouky in Ostmähren mit umgerechnet 1589 neuen Fällen je 100.000 Einwohner, gefolgt von Vizovice mit 1463 Fällen. Prag rangiert erst auf Platz 122 mit 641 Fällen. Zuvor war von Regierungspolitikern, allen voran Premier Andrej Babiš (Partei Ano), immer behauptet worden, dass gerade in den Städten die Menschen verantwortungslos handeln würden.