Nationalhymne im neuen Gewand?

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Das Tschechische Olympische Komitee hat eine Debatte über die Neufassung der tschechischen Nationalhymne initiiert.

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Soll die tschechische Nationalhymne künftig bei den Siegerehrungen der Sportler länger dauern? Wird sie in einem neuen Arrangement gespielt? Nach den Antworten auf diese Fragen wird gegenwärtig in einer öffentlichen Debatte im Land diskutiert. Im Tschechischen Rundfunk wurden die neuen Aufnahmen der Nationalhymne am Mittwoch zum ersten Mal offiziell vorgestellt.

Es kann sein, dass tschechische Sportlerinnen oder Sportler die Nationalhymne in diesem Arrangement hören werden, wenn sie künftig nach einem Olympia- oder WM-Sieg auf dem höchsten Treppchen des Siegerpodests stehen werden. Es ist außerdem möglich, dass die Sieger die Augenblicke auf dem Podium länger genießen können. Denn es wird erwägt, anstelle einer Strophe die beiden Originalstrophen der Hymne spielen zu lassen.

František Škroup
Zum ersten Mal erklang das Lied „Kde domov můj?“ (zu Deutsch „Wo ist mein Heim“) 1834 im Theaterstück „Fidlovačka“ („Das Schusterfest“) von Josef Kajetán Tyl. Die Melodie schrieb der Komponist František Škroup. Das Lied war sehr beliebt und ist schnell zum Symbol des erwachenden Selbstbewusstseins des tschechischen Volkes geworden. Die älteste Aufnahme des Musikstücks stammt von 1914, gesungen hat es die legendäre tschechische Operndiva und große Patriotin Ema Destinnová mit dem algerisch-französischen Bariton Dinh Gilly.

1918 ist die erste Strophe des Lieds Bestandteil der neuen tschechoslowakischen Staatshymne geworden. Die Tschechen haben somit einen Theaterhit zu ihrer Nationalhymne gemacht. Nach der Teilung der Tschechoslowakei im Jahr 1993 ist der erste Teil der tschechoslowakischen Staatshymne offiziell zur Nationalhymne der Tschechischen Republik geworden. Sie ist folglich kürzer als die einstige gemeinsame Hymne der beiden Teilstaaten.

Am Mittwoch wurden im Tschechischen Rundfunk nun einige neue Aufnahmen der Hymne vorgestellt. Das Arrangement stammt vom tschechischen Komponisten Miloš Bok. Initiiert wurden die Neuaufnahmen vom Tschechischen Olympischen Komitee. Jiří Kejval ist Präsident des Komitees:

Jiří Kejval  (Foto: ČTK)
„Wir versuchen eine Diskussion über eine mögliche Neufassung anzuregen. Ich bin davon überzeugt, dass es ein passendes Thema für dieses Jahr ist. Denn vor 100 Jahren wurde die selbständige Tschechoslowakische Republik gegründet. Die tschechische Nationalhymne wird bei verschiedenen Sportereignissen gespielt, nicht nur bei Siegerehrungen. Wir haben den Komponisten Miloš Bok angesprochen. Wir haben uns ein selbstbewussteres und kraftvolleres Arrangement vorgestellt. Wir möchten nun eine Diskussion darüber eröffnen.“

Die vorgestellten Aufnahmen von Boks Arrangement der Nationalhymne klingen pompöser, als man es heutzutage gewöhnt ist. Der Komponist hält eine Innovation in der Kunst für üblich. Allerdings habe er zuerst nicht viel Lust dazu gehabt, räumt Bok ein.

Miloš Bok  (Foto: ČTK)
„Ich bin froh, dass ich der Öffentlichkeit meine Entwürfe vorlegen und zeigen konnte, wie die Aufnahme der Nationalhymne aussehen könnte. Das Besondere daran ist die reichere Harmonie mit mehreren Kontrapunktstimmen, es ist mehr majestätisch. Ich bin überzeugt, dass die gesungene Variante gut dazu geeignet ist, dass viele Menschen in einem Stadion, aber auch beispielsweise in einer Kirche mitsingen können.“

Die ersten Reaktionen auf die neuen Aufnahmen der Nationalhymne waren bei der anschließenden Pressekonferenz eher noch etwas verlegen. Die Orchester-Variante wurde indes mehrheitlich der Aufnahme mit einem Chor und zwei Solisten vorgezogen. Die Diskussion wurde jedoch gerade erst eröffnet.