Nečas vs. Paroubek – Kein Sieger im ersten TV-Duell der beiden Spitzenkandidaten
Der Absturz der polnischen Staatsmaschine mit Lech Kaczynski an Bord hat auch in Tschechien das übrige Tagesgeschehen überschattet. Das erste TV-Duell der Spitzenkandidaten der Bürgerdemokraten (ODS) und der Sozialdemokraten am Sonntagmittag wurde damit zu einer Randnotiz. Dabei dauert es bis zu den Wahlen nur noch gut anderthalb Monate, und dabei durfte man gespannt sein, wie sich Petr Nečas, der neue Spitzenkandidat der ODS, gegen Sozialdemokratenchef Jiří Paroubek behaupten würde.
Bis sich die beiden Kontrahenten wirklich in die Haare gerieten, dauerte es eine Weile – bis das Thema der Staatsverschuldung zur Sprache kam. Sozialdemokrat Jiří Paroubek und Bürgerdemokrat Petr Nečas warfen der jeweils anderen Partei vor, den Staat in die Schulden getrieben zu haben und bezichtigten sich folgerichtig gegenseitig der Lüge. Abgesehen von solchen Ausbrüchen verlief das etwa 90-minütige TV-Duell im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen ohne besondere Vorkommnisse. 15 Fragen zu aktuellen politischen Themen hatte der Moderator für beide Kandidaten vorbereitet. Die unterschiedlichen Meinungen ihrer Parteien zu den meisten Fragen waren freilich schon vorher bekannt.
In manchen Punkten stimmten Nečas und Paroubek jedoch auch überein, etwa was den möglichen Verkauf von Staatsanteilen am Energiekonzern ČEZ angeht. Nečas will einen Teil der ČEZ-Aktien in Staatsbesitz verkaufen, aber nur etwa 10 bis 15 Prozent, damit der Staat weiterhin Mehrheitseigner bleibt. Dies sei eine „vernünftige Sache“, urteilte auch Paroubek. Auch beim Zentralabitur herrscht ungewohnte Einigkeit. Das entsprechende Gesetz zu seiner Einführung hält Bürgerdemokrat Nečas für „nicht überlebensfähig“ und er bekommt dafür Rückendeckung von Paroubek. Zunächst solle die Einführung des Zentralabiturs verschoben und dann ganz aufgehoben werden, so der Sozialdemokratenchef. Wer deshalb aber glaubt, die beiden Parteien steuern nach den Wahlen auf eine große Koalition zu, sieht sich getäuscht. Eher noch strebe man eine sozialdemokratische Minderheitsregierung an, sagte Paroubek. Sein Kontrahent Nečas erklärte, die Priorität der Bürgerdemokraten sei die Bildung einer Koalition, die eisern spart. Damit fallen die Sozialdemokraten, die Mehrausgaben vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen fordern, wohl als Partner aus. Soweit keine Überraschungen. Wer also hat die erste Runde für sich entschieden? Keiner, urteilen die politischen Beobachter beinahe ausnahmslos. Nečas, dem fehlendes Charisma nachgesagt wird, habe sein Manko auch mit vorher eingeübten Scherzen nicht wettmachen können. Paroubek, dem häufig Arroganz vorgeworfen wird, hätte seine Nerven nur zu Beginn der Debatte im Griff gehabt.Selbst sahen sich die beiden Spitzenkandidaten natürlich jeweils als Sieger. Derjenige, der sachlicher war, sei er gewesen, fand Paroubek. Nečas holperte, er sei überzeugt, seine Wähler überzeugt zu haben.