ODS-Spitzenkandidat Nečas bei Präsident Klaus: noch kein Regierungsauftrag
Die Demokratische Bürgerpartei ist bei den Parlamentswahlen Ende vergangener Woche regelrecht abgestürzt. Im Jahr 2006 wählten über 35 Prozent die ODS, vier Jahre später waren es gerade noch 20 Prozent. Dennoch hat der ODS-Spitzenkandidat Petr Nečas die besten Chancen, der nächste tschechische Premierminister zu werden.
Die Sozialdemokraten haben nämlich zwar die Wahlen mit knappem Vorsprung gewonnen, aber keine realistische Chance auf die Bildung einer Koalition. Mit den Kommunisten reicht es nicht für eine Mehrheit und eine große orange-blaue Koalition mit den Bürgerdemokraten schließen die verfeindeten Parteien kategorisch aus. Nicht zuletzt deshalb hat Sozialdemokratenchef Paroubek noch am Wahltag seinen Rücktritt erklärt.
Der Bürgerdemokrat Petr Nečas hingegen verhandelt mit den Chefs jener beiden neuen Parteien, die bei der Wahl sensationell gut abgeschnitten haben: der konservativen TOP 09 von Karel Schwarzenberg und der liberal-populistischen Partei der Öffentlichen Angelegenheiten des ehemaligen TV-Journalisten Radek John. Am Mittwoch haben sich die drei Parteien grundsätzlich auf die Bildung einer Mitte-Rechts-Koalition geeinigt.
Am Donnerstagvormittag hatte Petr Nečas einen Termin bei Präsident Klaus auf der Prager Burg. Und viele Beobachter – vielleicht auch Nečas selbst – gingen davon aus, dass der ODS-Spitzenkandidat die noblen Amtsräume des Staatsoberhauptes als frisch gebackener Premierminister und mit einem Auftrag zur Regierungsbildung in der Tasche verlassen würde. Doch die Verhandlungen zogen sich hin und am Ende verkündete Nečas, er habe den Präsidenten über den Fortschritt bei den Koalitionsgesprächen und das am Mittwoch geschlossene Abkommen informiert. Der Präsident habe interessiert zugehört und ihn darum ersucht, die Gespräche mit seinen möglichen Regierungspartnern fortzusetzen und zu intensivieren. Ob und wann er den Regierungsauftrag bekomme, wisse er nicht. Die sei allein Sache des Staatspräsidenten und der wisse bestimmt, was er für richtig halte, so Petr Nečas, der sich also noch nicht mit „Herr Premier“ anreden lassen darf.