Neue Konzeption der Abiturprüfung - höhere Ansprüche auf die Schüler
Die Reform des Schulwesens in Tschechien ist seit Jahren eine harte Nuss. Nach langen Diskussionen in Expertenkreisen, aber auch einer öffentlichen Debatte legte das Schulministerium dieser Tage sein neues Abiturkonzept vor. Sollte dieses im Parlament gebilligt werden, können sich die Schüler im Jahre 2004 auf das erste neue Abitur freuen. Oder sich davor fürchten, denn die Reform stellt zweifelsohne höhere Ansprüche an die Abiturienten. Worin das Novum besteht, darüber informiert Sie Marketa Maurova.
Das neue Abitur wird zwei Teile haben. Der erste Teil wird zentral vorbereitet und für alle Schulen und Lehranstalten gemeinsam sein. Es handelt sich dabei um schriftliche Tests in der tschechischen Sprache und Literatur, in einer Fremdsprache und entweder in Mathematik oder einem gesellschaftswissenschaftlichen Grundfach. Auch in diesem staatlichen und einheitlichen Teil kann der Schüler aber in Bezug auf seine zukünftigen Studien- oder Berufspläne eine Auswahl treffen. Zur Verfügung stehen nämlich zwei Versionen - eine Grundstufe und eine höhere Stufe. Wer die höhere Stufe wählt, hat beim Aufnahmeverfahren an Hochschulen bessere Aussichten. Diejenigen Schüler, die ihre Chancen bei den Aufnahmeprüfungen noch mehr erhöhen wollen, können darüber hinaus den staatlichen Abiturtest in bis zu zehn weiteren fakultativen Wahlfächern absolvieren.
Etwa anderthalb Monate nach dem staatlichen Teil des Abiturs wartet auf die Schüler der schulische Part, der der bisherigen Form der Reifeprüfungen entspricht. Man legt schriftliche und mündliche Prüfungen in Tschechisch und in einer Fremdsprache sowie Prüfungen in weiteren zwei obligatorischen und einem fakultativen Wahlfach ab. Dafür gibt es drei Formen - die traditionelle mündliche Prüfung, die Kombination eines schriftlichen und eines mündlichen Teils oder eine Neuigkeit, nämlich den Diskurs einer schriftlichen Arbeit, die der Student bereits längere Zeit vorher verfasst hat.
Man strebte bei der Reform des Abiturs an, dass die Prüfung eine allgemein geltende Aussagekraft für alle Oberschulen in Tschechien hat. Wie ist es aber im breiteren, im internationalen Rahmen? Wie ich von Frau Dr. Pavla Zielencova vom Zentrum für die Reform der Abiturprüfung erfahren habe, gelten in der EU bisher keine gemeinsamen Regeln für das Abitur. Man kann jedoch das Streben nach einer Vereinheitlichung beobachten, am deutlichsten im Fremdsprachenunterricht. Diesem Trend entspricht auch die Einführung des obligatorischen Abiturs in einer Fremdsprache für alle Typen der Schulen in Tschechien. Pavla Zielencova dazu:
"Die Fremdsprachenprüfung wird als Ganzes neu geregelt, nicht nur im gemeinsamen Teil, sondern auch in jenem Schulteil, in dem eine obligatorische schriftliche Prüfung eingeführt wird. Und wenn sie alle Bestandteile dieser Prüfung nebeneinander stellen, sehen sie, dass sie alle Kenntnisse widerspiegelt, die man in der Sprache verlangen kann - Leseverständnis, Sprachmittelkenntnisse, Hörverständnis, d.h. reproduktive Kenntnisse. Aber auch die produktiven Kenntnisse, die man bei der mündlichen Prüfung und bei der Verfassung eines schriftlichen Essays oder Aufsatzes bei der Schulprüfung nachweist. Und unser Traum und Ziel ist es, dass diese Abiturprüfung eine internationale Anerkennung gewinnt und in den europäischen Referenzrahmen eingeordnet werden kann."