„Nichtkommunikation überwinden“ – Mit Kunst gegen die Angst vor Fremden

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„Die Angst vor dem Unbekannten“ heißt eine Ausstellung, die ab dieser Woche in der Technischen Nationalbibliothek in Prag zu sehen ist. 26 Künstler aus Mitteleuropa werden dort bis Ende März Werke ausstellen, die sich mit dem Verhältnis der tschechischen Gesellschaft zu Geflüchteten auseinandersetzen. Till Eichenauer hat sich die Ausstellung angeschaut.

Lukáš Houdek vor dem Frachtcontainer  (Foto: ČTK)
Ein großer Frachtcontainer, man sieht fast nichts, die Umwelt lässt sich nur erahnen. Die Luke ist verriegelt. Wann sie wieder geöffnet wird, ist unklar. Hope Tour – die Hoffnungs-Tour – so heißt die Installation von Lukáš Houdek, in die der Besucher regelrecht eingeschlossen wird. Der Prager Künstler will ein Gefühl davon vermitteln, unter welchen Umständen viele Geflüchtete ihren Weg nach Europa angetreten haben. Der Künstler:

„Die Lichter und der Lärm vermitteln dem Besucher den Eindruck, dass er wirklich im Frachtraum eines Lkws fährt. Anfangs sieht er fast nichts, nur flackernde Scheinwerfer und wie der Wagen an Bäumen vorbeifährt. Nach einer Zeit sieht er immer mehr und nimmt wahr, dass er sich in einem Lkw oder einem Container voller Menschen befindet. Das lässt den Besucher vielleicht darüber nachdenken, ob der Weg wirklich so einfach ist, wie viele behaupten - oder ob er nicht sehr beschwerlich ist“

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1475 Menschen haben im vergangenen Jahr in Tschechien Asyl beantragt. Das entspricht ungefähr einem Geflüchteten auf über 7000 Einwohner im Land. Trotz der vergleichsweise geringen Zahl von Neuankömmlingen scheint die Bevölkerung hierzulande eine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber Fremden zu haben. Fast zwei Drittel der Tschechen sind dagegen, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Diese negative Einstellung zur Zuwanderung möchte die Ausstellung ergründen und ihr etwas entgegensetzen. Lenka Kukurová ist Kuratorin der Ausstellung:

„Wir versuchen zu sagen, dass es in Ordnung ist, Angst zu haben. Aber es ist nicht in Ordnung, xenophob zu sein. Angst ist eine ganz normale Reaktion. In unserer Ausstellung sagen wir, dass die Situation noch neu und ungewohnt ist und dass wir vielleicht Angst davor haben. Aber wir sollten darauf nicht mit Xenophobie und Ablehnung reagieren. Es gibt konstruktivere Möglichkeiten wie Solidarität und Offenheit.“

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Die aktuelle Debatte um Einwanderung sei angesichts der geringen Zahlen ein „Phantomthema“, sagt Lenka Kukurová. Standen vor einigen Jahren noch die Roma im Zentrum populistischer Agitation, steht jetzt die angebliche Gefahr durch den Islam und die Migration im Vordergrund. Der gebürtigen Slowakin geht es darum, die Barriere der „Nichtkommunikation“ zu überwinden:

„Kunst kann auf einem anderen Niveau sprechen und kommunizieren. Hier geht es nicht darum, wer Recht und wer Unrecht hat, sondern um Austausch, Visionen und Kommunikation. In diesem Sinn hoffen wir als Plattform zu dienen.“



Die Ausstellung ist bis zum 31. März zu sehen, und zwar in der Galerie der Technischen Nationalbibliothek in Prag. Von Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Dass in der Ausstellung fast ausschließlich Künstlerinnen und Künstler aus Mitteleuropa vertreten sind, ist laut Kukurova eine bewusste Entscheidung. Im Mittelpunkt soll die Angst stehen, die die Menschen hier vor dem Fremden haben. Doch in das Rahmenprogram der kommenden Wochen sind viele Nichtregierungsorganisationen eingebunden. Und bei Workshops und Diskussionen können sich dann auch Menschen mit und ohne Fluchtbiografie kennenlernen und austauschen.