Niedrigste Zahl von Verkehrstoten, aber weiter aggressives und rücksichtsloses Fahrverhalten

Foto: ČTK

Die Zahl der Verkehrsopfer ist in Tschechien traditionell sehr hoch. Im vergangenen Jahr 2013 ist es nun zum ersten Mal zu einem bemerkenswerten Rückgang gekommen.

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Die Verkündung der jährlichen Unfallstatistik durch den Chef der Verkehrspolizei ist jedes Mal ein trauriges Ritual. Auch diesmal musste Tomáš Lerch hohe Opferzahlen nennen:

„Die tschechische Polizei hat im Jahr 2013 insgesamt 84.398 Verkehrsunfälle aufgenommen. Dabei kamen 583 Menschen ums Leben, 2782 Personen wurden schwer verletzt, 22.577 leicht. Der geschätzte Schaden liegt bei einer Höhe von fünf Milliarden Kronen.“

Nun klingen diese Zahlen zunächst einmal schlimm – dennoch deuten sie auf eine positive Entwicklung hin, sagt Lerch:

Tomáš Lerch  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Vergleicht man die Zahlen mit dem Jahr 2012, dann lässt sich ein Rückgang in allen wichtigen Kategorien erkennen: weniger Verkehrstote und weniger Verletzte, sowohl schwere als auch leichte. Den deutlichsten Rückgang verzeichnen wir bei den Unfalltodesopfern, die Zahlen sind um 14 Prozent zurückgegangen. Einen Anstieg haben wir nur bei Sachschäden festgestellt, das aber lediglich um vier Prozent.“

Damit ist die Zahl der Verkehrstoten pro Jahr zum ersten Mal unter 600 gefallen, es ist die niedrigste Opferzahl seit Beginn der Statistik im Jahr 1961. Die Polizei begründet den Rückgang mit Präventionsmaßnahmen auf den Straßen und mit dem Wetter im vergangenen Jahr. Wegen des langen Winters und des Hochwassers sind nämlich die Motorradfahrer erst spät in die Saison gestartet. Jindřich Frič ist Direktor der Abteilung Sicherheit beim Zentrum für Verkehrsforschung in Brno / Brünn. Er bewertet die Zahlen kritisch:

Jindřich Frič  (Foto: ČT24)
„Natürlich handelt es sich erstmal um einen guten Trend. Ich möchte aber hinzufügen, dass wir uns weiterhin im hinteren Feld aller EU-Länder für das vergangene Jahr bewegen.“

Verantwortlich macht der Experte dafür die mangelhafte Umsetzung der nationalen Strategie zur Sicherheit im Straßenverkehr, vor allem bei automatischen Verkehrskontrollsystemen würde der Staat häufig zum Rotstift greifen. Aber auch das Fahrverhalten bereitet Frič Sorgen:

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„Bei einem Vergleich des Verhaltens in Tschechien mit dem in anderen Industrieländern zeigt sich deutlich, dass hierzulande im Straßenverkehr wenig Rücksicht genommen wird. Im Gegenzug lässt sich eine deutlich höhere Aggressivität auf der Straße feststellen. Ich denke, dass entspricht allgemein dem Umgang miteinander innerhalb unserer Gesellschaft.“

Wer einmal die waghalsigen Überholmanöver auf tschechischen Landstraßen gesehen hat oder die Rücksichtslosigkeit der Autofahrer in Prag gegenüber Fußgängern, der kann dem Experten da nur beipflichten.