Vor 10 Jahren die kamen ersten Wolhynien-Tschechen in ihre ursprüngliche Heimat
Aufgrund der Folgen der Katastrophe von Tschernobyl kamen vor 10 Jahren die ersten sogenannten Wolhynien-Tschechen im Rahmen eines humanitären Programms der tschechischen Regierung aus der Ukraine in ihre ursprüngliche Heimat zurück. Über ihre gegenwärtige Situation berichtet Silja Schultheis.
Auch wenn sie inzwischen tschechische Staatsbürger geworden sind, haben die Wolhynien-Tschechen hierzulande seit einiger Zeit mit einer besonderen legislativen Hürde zu kämpfen. Worum es hierbei im wesentlichen geht, verriet uns Viktor Javurek aus der Kommission der Wolhynien-Tschechen:
"Seit im vergangenen Jahr der Vertrag mit der Ukraine abgelaufen ist, werden beispielsweise die Renten nicht mehr gegenseitig anerkannt, ebenso wenig wie die Jahre, die man im jeweils im anderen Land gearbeitet hat. Das heißt, dass 16 Jahrgänge von Umsiedlern, die heute bereits Bürger der Tschechischen Republik sind, sich in ihren Renten bedroht sehen. Denn wenn sie in Rente gehen, werden ihnen die Jahre, die sie in der Ukraine gearbeitet haben, nicht anerkannt werden. Das ist wohl das einzige Problem in der Legislative. Ansonsten sind wir theoretisch und praktisch Bürger der Tschechischen Republik und haben die gleichen Probleme wie jeder andere Bürger dieses Landes."
Um eine Änderung der Renten-Regelung herbeizuführen, interveniert die Kommission der Wolhynien-Tschechen, deren Sprecher Javurek jahrelang war, derzeit bei allen möglichen Ämtern und steht u.a. in direktem Kontakt mit dem Minister für Arbeit und Soziales.
Vor zehn Jahren wurde mit der Repatriierung der von der Havarie in Tschernobyl betroffenen Wolhynien-Tschechen begonnen. Nach wie vor leben in der verseuchten Zone jedoch noch hunderte tschechischer Familien. Sie werden von der tschechischen Regierung sowohl finanziell unterstützt als auch z.B. durch Genesungsaufenthalte für Kinder. Die Sprecherin der Gesellschaft der Wolhynien-Tschechen, Ema Snidevycova, äußerte am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK, dass die tschechische Regierung sich um sie und ihre Landsleute wesentlich mehr kümmere als die ukrainische und sie diese Hilfe sehr schätzen. Verbunden damit ist auch der Glaube, irgendwann einmal nach Tschechien zurückzukehren. Durch die Änderungen in der tschechischen Legislative - beispielsweise die Einführung der Visa-Pflicht für Ukrainer - haben sich für die Wolhynien-Tschechen in den letzten Jahren jedoch die Aussichten hierauf verschlechtert. So muss für die Übersiedlung nach Tschechien beispielsweise ein Kontoguthaben von 7000 Dollar nachgewiesen werden. Bei einem Monatsgehalt von 33 Dollar müsste Ema Snidevycova in der Ukraine 17 1/2 Jahre als Ärztin arbeiten, um diese Summe zusammen zu bekommen.
Über die Rückkehrmöglichkeiten für die heute in der Ukraine lebenden Wolhynien-Tschechen äußert sich noch einmal Viktor Javurek:
"Das ist ziemlich problematisch. Diese Menschen hatten damals im Rahmen der humanitären Aktion die Möglichkeit, nach Tschechien überzusiedeln. Das war die Wahl eines jeden einzelnen. Heute ist es leider mit der Übersiedlung komplizierter. Ich weiss aber, dass einige Abteilungen des Innenministeriums ebenso wie einige nichtstaatliche Organisationen aktiv an einem Programm arbeiten, das die Übersiedlung von im Ausland lebenden Tschechen in ihr Heimatland vorsieht. Also auch wenn dieser Prozess im Moment etwas stagniert, so wird doch nach einer Lösung gesucht."