Janusköpfiger EU-Beitritt?
Von Silja Schultheis.
Dass Vaclav Klaus dem europäischen Integrationsprozess skeptisch gegenüber steht, hat er mit seiner Rede in Brüssel vergangene Woche einmal mehr bestätigt. Am Montag brachte der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses sowie der größten Oppositionspartei seinen Standpunkt in einer Ansprache auf dem Zofiner Forum in Prag, das dem tschechischen EU-Beitritt gewidmet war, erneut vor.
Zunächst bezog sich Klaus auf die Kritik, die er von tschechischen Politikern für seinen Brüsseler Auftritt geerntet hatte und bezeichnete in diesem Zusammenhang die Reaktionen seiner Landsleute als Hysterie. Einen grundlegenden Mangel der tschechischen Diskussion um den EU-Beitritt sehe er in der Vermischung verschiedener Ebenen. Wesentlich für eine ernsthafte Debatte sei hingegen eine klare Unterscheidung, so Klaus:
"Es ist schlicht und einfach grundlegend, dass wir die tatsächliche Integration der Tschechischen Republik in die Europäische Union von der Formalität des Beitritts trennen. Das sind zwei grundverschiedene Dinge. Ich denke, bei uns im Land überwiegt der Eindruck, dass der formale Beitritt zu einer Art Meilenstein wird, der so gut wie alles weitere beeinflusst."
Die tatsächliche Integration hingegen, so führte Klaus weiter aus, sei ein langwieriger Prozess, der auch mit dem Beitritt nicht abgeschlossen sei. Eine der Kernthesen aus Klausens Prager Ansprache auf dem Zofiner Forum war die der janusköpfigen Gestalt der Europäischen Union. Während der gemeinsame Markt Ausdruck einer gesamteuropäischen Liberalisierung sei, ständen die Wirtschafts- und Währungsunion sowie die soziale, legislative und politische Vereinigung für die Prinzipien einer gesamteuropäischen Regulierung.
Fazit: Der Beitritt Tschechiens zum gemeinsamen europäischen Markt wird vom Vorsitzenden des tschechischen Abgeordnetenhaus eindeutig begrüßt, gemeinsame europäische Institutionen sowie eine gemeinsame Währung würden die wirtschaftliche Entwicklung seines Landes hingegen eher blockieren und seien riskant. Eben jenen letzteren Aspekt würden seine Europa-Begeisterten Landsleute vielfach vernachlässigen, so Klaus.