Proteste gegen das neue Fernsehmanagement
Von Jitka Mladkova.
Weihnachten mit und ohne Tschechisches Fernsehen, so könnte man also die Präsentation der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt an den vergangenen Tagen charakterisieren - je nachdem, aus welcher Perspektive man die sich zuspitzende Situation in und um das Tschechische Fernsehen sehen will. Seit dem 24. Dezember konnte die tschechische Öffentlichkeit zweierlei Nachrichtensendungen sehen: die neue CT-Führung entschloss sich, am Heiligabend und den danach folgenden Abenden die gewohnte Tagesschau mit eigenem, auf die Schnelle zusammengesetzten und bis dahin unbekannten Redaktoren- bzw. Moderatorenteam auszustrahlen. Obdach fand man abwechselnd bei den privaten TV-Sendern Nova und Prima. Im Gebäude des Tschechischen Fernsehens wurde zwar auch eine Ausgabe der Tageschau von den aufständischen Fernsehmitarbeitern vorbereitet, diese kam aber nur in den Haushalten an, die über Kabel- bzw. Satellitfernsehen verfügen.
Wie bereits am 22. und 23. Dezember wurde auch an den Feiertagen öffentlich protestiert. Bekannte Fernseh- bzw. Filmschaffende, Schriftsteller und andere Vertreter der einheimischen Kulturszene haben die, etwa 400 gegen die neue CT-Führung auftretenden Mitarbeiter des Fernsehens durch ihre Präsenz unterstützt, der Treffpunkt war vor dem Fernsehgebäude. Am Heiligabend kamen nur ein paar Hundert Menschen, am Montag und Dienstag folgten dem Aufruf zur Teilnahme schätzungsweise bereits zwischen 1500 - 2000 Menschen. Auch Radio Prag hat sich an einem der Protestmeetings umgehört:
Die Schauspielerin und Moderatorin Tana Fiserova, Mitglied der im Zusammenhang mit der Situation im Tschechischen Fernsehen gegründeten Künstlerinitiative bewertet das Geschehen als eine geplante Aktion bestimmter Gruppen, die das bestehende Gesetz über Medien zur Durchsetzung eigener Menschen in den Fernsehrat ausgenutzt haben. Ihrer Meinung nach geht es aber um viel mehr:
"Im Prinzip geht es darum, ob dieses Land frei bleibt und über freie Medien verfügen wird, oder ob es manipuliert wird, wie sich das manche Leute gerne vorstellen. Diese Situation hier bedeutet die Gefährdung unserer Entwicklung nach 1989."
Mit dabei war auch Boris Rösner, Schauspieler des Prager Nationaltheaters, der auch im November 1989 gemeinsam mit vielen anderen Kollegen gegen das kommunistische Regime protestierte. Auf die Frage, ob ihn das heutige Geschehen an die damalige Zeit erinnern lässt, sagte er:
"Es passiert hier das, was damals passiert war. Schauen Sie sich um, es sind mindestens 1000 Leute gekommen. Angesichts der Tatsache, dass heute der erste Weihnachtsfeiertag ist, sind es viele. Das sind Leute, die, wie man sagt, unten sind, und die wollen nicht mehr zusehen, was alles in diesem Land in den zurückliegenden 11 Jahren nicht passiert ist/gemacht wurde. Im Jahr 1989 haben wir uns vorgestellt, dass alles reibungslos, irgendwie von selbst, laufen wird, aber diese Nation kann das offensichtlich noch nicht, und deshalb müssen solche Situationen entstehen."
In der protestierenden Menschenmenge fehlte nicht Milos Rejchrt, das ehemalige Mitglied des Fernsehrates, das sich mit dessen Wahl des neuen Generalintendanten nicht identifizieren wollte. Warum er auf seinen Posten im Rat verzichtete, begründete Rejchrt für Radio Prag kurz und bündig:
"Ich hatte einfach das Gefühl, dass sich der Fernsehrat vernünftiger Menschen in eine jagende Meute verwandelt hat, oder in einen Partisanentrupp, der sich entschlossen hat, destruktiv vorzugehen."
Die Tagesschaumoderatorin Daniela Drtinova, die auf den Protestmeetings ihre revoltierenden Kollegen vertrat, sieht die Situation so:
"Ich bin sehr froh, dass es passiert ist, dass Menschen, Journalisten auf diese Weise ihre Stimme gegen das erhoben haben, was hier vor geht. Die Grenzen wurden überschritten und es war nicht mehr möglich so zu tun, als ob nichts geschehen sei. Es geht gar nicht darum, ob wir Moderatoren, Reporter des Tschechischen Fernsehens bleiben werden, jetzt geht es um höhere Ziele."
Mit den Worten "Morgen wieder hier!" verabschiedeten sich die Meetingteilnehmer. Einige von ihnen fragten wir, warum sie gekommen sind.
"Das, was jetzt geschieht, halte ich für eine weitere Ausgeburt dieses Oppositionsvertrages. Ich denke, dass sollte alles langsam ein Ende haben..."
"Es geht hier ganz einfach um Grundsätze der Demokratie, in diesem Staat darf das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht von Politikern beherrscht werden..."
"Solche Direktorenwahlen darf es nicht mehr geben, das Gesetz muss eingehalten werden und gewisse Regeln im Wahlverfahren..."