Osice - Geburtsort des Autors der tschechischen Nationalhymne
In der nachfolgenden Touristensprechstunde hören Sie eine weitere Folge unserer Serie der musikalischen Wanderungen. Gemeinsam mit Markéta Maurová werden Sie nach Osice reisen, einem kleinen Dorf in Ostböhmen, in der Nähe von Hradec Králové (Königgrätz). Warum gerade nach Osice? Lassen Sie sich überraschen.
Ich habe mich am letzten Wochenende auf die Reise nach Osice begeben. Schon als ich vom Zug aus durch eine Kirschenallee ging und mich diesem Dorf näherte, bekam ich ab und zu die Töne der tschechischen Nationalhymne zu Ohren, die der Wind zu mir trug. In jedem anderen Ort wäre es komisch und es würde bedeuten, dass entweder tschechische Sportler etwas gewonnen haben oder etwas Bedeutendes im Staat passiert ist. In Osice ist das jedoch anders: Gerade dort wurde nämlich vor 200 Jahren, am 3. Juni 1801, Frantisek Skroup, der Autor der Weise zum Lied "Kde domov muj - Wo ist mein Heim" geboren, die später zur Nationalhymne wurde.
Das erste, worauf man bei der Ankunft im Dorf stößt, ist das sog. Skroup-Haus. Es handelt sich nicht um das Geburtshaus des Komponisten, sondern um ein Kulturzentrum, das von dem Ertrag einer Volksgeldsammlung 1928 erbaut wurde. Heute müssen wir aber leider eher von einer Ruine dieses Hauses sprechen - davon aber erst später, nun wenden wir uns den Feierlichkeiten zu.
Eines der Hauptereignisse war dabei die Eröffnung einer neuen Ausstellung im ehemaligen Pfarrhaus. Ihre Autorin ist Frau Doktor Markéta Kabelková, die ich ans Mikrophon bat.
Frantisek Skroup wurde am 3. Juni 1801 in der Familie eines Lehrers aus Osice, namens Dominik Skroup, geboren. Bereits sein Vater war ein begeisterter Musiker. Musik zu unterrichten und zu treiben, als Regenschori zu wirken und in der Kirche Orgel zu spielen - das gehörte in der Geschichte zur Aufgabe eines jeden Dorflehrers. Dominik Skroup komponierte aber darüber hinaus auch selbst Musik und war Autor von mehr als 20 Messen, geistlicher Lieder, Arien, zweier Konzerte und weiterer Werke.
Während ich die Ausstellung besichtigt habe, schloss sich mir ein Nachfolger von Dominik Skroup an. Der ehemalige Lehrer der Osicer Schule, Miroslav Matejka wusste wirklich sehr viel über die Familie Skroup.
"In diesem Raum, der als festlicher Speisesaal des Dekans Kuchinka diente, traten Musiker auf, denn Kuchinka war ein Musikliebhaber. Und einmal hatte er hier den Kreishauptmann aus Pardubitz zu Besuch. Dieser bemerkte einen achtjährigen Jungen, der Flöte spielte. Er dachte zunächst, der Junge markiere nur. Später stellte er aber fest, dass er tatsächlich spielte. Und dieser Junge war der kleine Frantisek. Der Kreishauptmann machte Dekan Kuchinka auf dieses Talent aufmerksam und Kuchinka wurde dessen Mäzen. Er ermöglichte ihm, im Alter von 11 Jahren nach Prag zu gehen, wo er als Vokalist zunächst im Tein-Dom und später im Loretto wirkte. In der Zwischenzeit verstarb aber Dekan Kuchinka, und da die Eltern kein Geld hatten, wurde Frantisek nach Hause gerufen. Vater Dominik sah aber, dass der Knabe sehr begabt war und ermöglichte ihm - durch seine Bekanntschaft mit dem Regenschori beim Hl. Geist in Königgrätz, dorthin zu gehen. 1819 schließlich zog er erneut nach Prag, wo er Jura studierte. Außerdem widmete er sich nebenher der Musik, was er schon bald ausschließlich tat."
Frantisek Skroup war eine führende Gestalt der Musikszene in Böhmen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er war ein Komponist, 30 Jahre lang wirkte er als Dirigent in der Oper des Prager Ständetheaters und leitete die bedeutendsten Konzerte in Prag. Zwei letzte Jahre seines Lebens verbrachte er in Rotterdam, wo er auch begraben wurde. Er schuf eine Reihe von Kompositionen. Im Bewusstsein der tschechischen Öffentlichkeit blieb er aber vor allem der Autor des Liedes "Kde domov muj" aus dem Spiel Fidlovacka, das während des 19. Jahrhunderts spontan zur Nationalhymne wurde.
In Skroups Geburtsort erinnert eine Gedenktafel an den Komponisten, sowie ein Denkmal, das ursprünglich in Rotterdam stehen sollte. Und wie ist es mit dem bereits erwähnten Skroup-Haus? Hören Sie dazu den Gemeindevorsteher, Stanislav Bydzovsky.
"Anlässlich des 200. Geburtstags des Komponisten entschloss sich die Gemeinde den Stiftungsfonds Frantisek Skroups zu gründen. Sein Hauptanliegen ist es, das sog. Skroup-Haus wieder ins Bewusstsein zu bringen und zu renovieren, damit es so wie in der Vergangenheit als Kulturzentrum der Gemeinde dienen kann. Das Haus steht hier seit 1928. Es wurde anlässlich des 10. Jahrestags der Gründung der Tschechoslowakischen Republik errichtet. Erbaut wurde es vom Erlös einer Volkssammlung gebaut - diese Sammlung wurde für die Errichtung eines Denkmals ausgeschrieben, aber man hat soviel Geld zusammengebracht, dass man auch dieses Kulturhaus bauen konnte, dass sich heute in so kläglichem Zustand befindet."