Buchhandlungen und Cafés
Die Tage nach Weihnachten sind eine Zeit der Ruhe, zum gemütlichen Kaffee trinken und zum Lesen. Martina Zschocke unternahm für uns einen Gang durch Prager Buchhandlungen.
Buchhandlungen und Cafés, das sind die Plätze, die mir den Winter erträglich machen. Am besten ist natürlich die Verbindung von beidem, dann muss man für den Gang vom Buch zum Kaffee nicht einen Schritt in die Kälte wagen. In nachweihnachtlicher Muße unternahm ich in den letzten Tagen eine Tour durch meine liebsten Prager Buchhandlungen.
Ich begann im Globe-Café. Im vorderen Teil ist es englischsprachige Buchhandlung und im hinteren Café mit viel Kunst an den Wänden. Hier sitzen Leute, die schreiben oder lesen und reden und den Samstagmorgen allmählich in den Nachmittag übergehen lassen, ohne es groß zu registrieren. Der Espresso ist wirklich tiefschwarz und oft wird Jazz gespielt. In der Buchhandlung gibt es neue und gebrauchte Bücher verschiedenster Sparten und eine beschränkte Auswahl an Zeitungen und Zeitschriften.
Frisch gestärkt gehe ich zum unteren Wenzelsplatz und zu Kanzelsberger, wo es auf vier Etagen allerhand Bücher gibt. Hier ist zwar der Kaffee schlechter, aber dafür der Blick auf den Wenzelsplatz gut. Und es gibt in der Musikabteilung tatsächlich musikbegeisterte Verkäufer. Als ich eine Musica florea-CD aus dem Regal ziehe, fragt ein solcher Verkäufer, ob ich mich dafür interessiere. Als ich bejahe, wird er euphorisch und fragt mich, ob ich diese oder jene CD habe. Bei den meisten nicke ich. Er schwärmt von den Aufnahmen barocker Musik mit alten Instrumenten. Wir sind uns einig. Tatsächlich weist er mich auf eine Neuerscheinung hin, die ich weder besitze noch kenne. Seine Musikbegeisterung toleriert sogar mein fehlerhaftes Tschechisch, das weniger barock ist und genau genommen eher aus minimalistischen Dreiwortsätzen mit frei improvisierter Grammatik besteht. Als ich den Laden verlasse, habe ich eine neue CD in der Tasche und kenne ich mich ein bisschen besser aus mit böhmischer Barockmusik. Ich laufe den Wenzelsplatz hinauf und statte auch dem Palac knih noch einen kurzen Besuch ab. Hier hat es mir besonders die erste Etage angetan, wo es wertvolle Phaidon-Kunstbücher und Fotobände der bekanntesten tschechischen Fotografen gibt. Auch die Fremdsprachenabteilung im Keller ist nicht zu verachten, die ein sehr gutes Sortiment deutscher Übersetzungen tschechischer Autoren führt. Das Café hier ist allerdings eher eine Art koffeinhaltiger Schnellimbiss, aber gut genug, um all die wunderbaren Phaidon-Bücher in mein Notizbuch zu schreiben, die ich mir in meinem nächsten Leben leisten werde oder mir zu irgendwelchen Festtagen zu wünschen gedenke, was ich mir dann -ob des Preises- sowieso nie traue. Es sei denn - in einem Anfall von schönem Wahnsinn schnappe ich mein Notizbuch, gehe kurzerhand los, kaufe mir ohne Nachzudenken zwei dieser Traumexemplare und lebe dafür den restlichen Monat von 1-Kronen-Hörnchen und Lucina-Käse, was ich als gesunde Form des Luxus empfinde.
Inzwischen bin ich am Altstädter Ring angelangt und gehe kurz ins "Kafka" und ins "Anagram", beides kleine Buchhandlungen mit sehr gutem Sortiment, wo man unbedenklich auf den Wunschzettel schreiben kann, "was von dort", ohne hinterher mit einem Historienroman aus dem 17. Jahrhundert oder einem Konsalik erfreut zu werden. Beide Läden haben kein Café, also trinke ich meinen Cappuccino dann um die Ecke und laufe nach Hause. Trotz weitestgehend leerer Taschen bin ich euphorisch: ob von den Büchern oder dem vielen Kaffee ist noch unklar, aber letztlich auch zweitrangig.
Wenn ich mir dann noch überlege, wie viele Espressi ich für ein Phaidon-Buch bekomme... Der Umrechnungskurs macht mich restlos zufrieden. Und ansehen kann ich mir die Bücher ja einstweilen in der Buchhandlung.