Tschechien hat einen neuen Präsidenten

Vaclav Klaus, Foto: CTK

Seit Freitag Abend hat Tschechien einen neuen Präsidenten. Wohl kaum einer hätte noch am Morgen geglaubt, dass es nach zwei erfolglosen Wahlrunden im Januar und nach einer langwierigen und komplizierten Suche der sozialliberalen Regierungskoalition nach einem konsensfähigen Kandidaten diesmal im Parlament tatsächlich zu einer Entscheidung kommen würde. Im dritten Wahlgang aber erhielt der Kandidat der oppositionellen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Vaclav Klaus, 142 Stimmen, d. h. um eine Stimme mehr, als erforderlich war. Wie es zu diesem Wahlausgang kam und was er für Tschechien möglicherweise bedeutet, diese Fragen stehen im Mittelpunkt des folgenden Schauplatzes, den für Sie Silja Schultheis gestaltet hat.

Vaclav Klaus,  Foto: CTK

Jan Sokol, Professor an der Prager Karlsuniversität und Kandidat der sozialliberalen Regierungskoalition für die dritte Runde der Präsidentschaftswahlen, gegenüber Radio Prag unmittelbar nach Bekanntwerden des Wahlausgangs am frühen Freitag Abend. Sein Gegenkandidat, Vaclav Klaus, neuer Präsident der Tschechischen Republik, bedankte sich nach der Wahl zunächst bei den Parlamentariern für das ihm ausgesprochene Vertrauen:

"Ich danke Ihnen Ihnen, dass Sie mich zum zehnten Präsidenten in der Geschichte unseres Landes wählten. Ich schätze dies sehr hoch. Ich schätze auch die Tatsache hoch ein, dass die Stimmen von allen Seiten des politischen Spektrums kamen."

Dass Vaclav Klaus nicht zuletzt durch die Stimmen der Kommunistischen Parlamentarier zum Präsidenten gewählt wurde, hält der Politologe und freie Mitarbeiter von Radio Prag, Robert Schuster, mit dem ich mich am Freitag nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses unterhalten habe, für einen ganz entscheidenden Aspekt der Wahl:

Beunruhigt über den Wahlausgang zeigte sich der Publizist und Bürgerrechtler Peter Uhl und begründete dies im Gespräch mit Radio Prag:

Es kam bereits zur Sprache: Die Kommunisten haben bei der Präsidentenwahl die Rolle des sprichwörtlichen Züngleins an der Waage gespielt und dabei offensichtlich von Anfang an ein ganz klares Ziel verfolgt, wie der Parteivorsitzende Miroslav Grebenicek gegenüber Radio Prag betonte:

"Unsere Hauptaufgabe besteht darin zu verhindern, dass Jan Sokol Präsident wird."

Ein wichtiger Punkt, der Jan Sokol für die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens als Präsidentschaftskandidaten inakzeptabel machte, war offensichtlich dessen Verhältnis zur tschechisch-deutschen Geschichte, genauer zu den Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg, führte Grebenicek gegenüber Radio Prag aus:

"Es stört mich vor allem, dass er die Begriffe "Aussiedlung" und "Vertreibung" verwechselt. Es stört mich, dass er behauptet, dass die Aussiedlung nie von einer demokratischen Gesellschaft hätte durchgeführt werden können. Dann weiß er wohl nicht, dass darüber in Potsdam entschieden wurde und dass darüber demokratische Mächte entschieden."

Jan Sokol hatte bereits 1995 einen Aufruf ("Smireni 95") mitunterzeichnet, in dem die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg als Unrecht bezeichnet wird. An seiner Haltung zu dieser Frage, die in Tschechien nicht mehrheitsfähig ist, hat Sokol nichts geändert. Im Verhältnis zu den Kommunisten, so äußerte Sokol gegenüber Radio Prag, käme es ihm vor allem darauf an:

Tschechien hat seit Freitag Abend einen neuen Präsidenten - den langjährigen Vorsitzenden der Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Vaclav Klaus. Hintergründe und erste Reaktionen auf den Wahlausgang haben wir für Sie in diesem Schauplatz zusammengestellt. Für Ihre Aufmerksamkeit bedankt sich Silja Schultheis.