Pressestimmen zur Wahl von Vaclav Klaus

Vaclav Klaus (Foto: CTK)

Die am Freitag erfolgte Wahl von Vaclav Klaus zum neuen tschechischen Präsidenten war in den vergangenen zwei Tagen das beherrschende Thema in der tschechischen Presse. Silja Schultheis hat für Sie in den Samstags- und Montagsausgaben geblättert.

Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
"Zum Nachfolger von Vaclav Havel wurde ausgerechnet sein größter ideologischer Gegner gewählt", heißt es in der Zeitung LIDOVE NOVINY vom Samstag. Und weiter prognostiziert das Blatt:

"Der ehrgeizige Klaus wird in den nächsten Jahren sicherlich alles dafür tun, um zu allen zu beweisen, dass er für die Tschechische Republik ein besserer oder zumindest genauso guter Präsident ist. Im Ausland wird es Klaus nicht einfach haben. In der Europäischen Union gilt er als eigenartiger Kritiker der euro-päischen Verhältnisse. Es wird jetzt darauf ankommen, ob Klausens neues Gesicht, das er in den letzten Wochen der Öffentlichkeit gezeigt hat, ein echtes war oder nur das Chamäleon-Gewand eines Politikers, der sich um jeden Preis seinen Traum erfüllen wollte - derjenige zu sein, der von der Prager Burg den Schatten Vaclav Havels vertreibt."

Vaclav Klaus  (rechts) und sein Sohn Jan  (Foto: CTK)
Die Zeitung HOSPODARSKE NOVINY (Montagsausgabe) vermutet, dass die Wahl Klausens eine grundlegende Veränderung der politischen Kräfteverteilung mit sich bringt:

"Mit Klaus entsteht auf der Prager Burg ein neues Machtzentrum. Havels Burg - das war in erster Linie Havel selbst, unterstützt von einer Gesellschaft von Sympathisanten. Diese Burg hatte Einfluss, aber keine wirkliche Macht. Die Burg unter Vaclav Klaus kann ein wirkliche politisch-wirtschaftlich-mediale Maschinerie sein, auf dessen Seite auch der private Fernsehsender TV Nova, einige Zeitungen sowie einflussreiche Unternehmer stehen."

Die Zeitung MLADA FRONTA DNES (Montagsausgabe) ist anderer Meinung und betont:

"Klaus wird sich wahrscheinlich um mehr politische Neutralität bemühen als Vaclav Havel, der hinter den Kulissen stark seine Lieblinge unterstützt hat. Havel hat gesagt, er sei ein über den Parteien stehender Präsident und war es nicht. Von Klaus weiß jeder, dass er nicht überparteiisch ist. Havel hatte zum Beginn seines Amtsantrittes die hundertprozentige Unterstützung der Bürger. Von Klaus glaubt jetzt ein Viertel der Tschechen, dass seine Wahl eine Tragödie ist. Er muss um ihre Gunst kämpfen und sich bemühen, die unzugängliche Burg wieder bürgerfreundlicher zu machen. Das ist schon lange nötig."

Die Zeitung LIDOVE NOVINY (Montagsausgabe) erkennt in der Wahl von Vaclav Klaus das Ende des Antikommunismus in Tschechien und schreibt:

"Vaclav Klaus ist durch die Gunst der Kommunisten zum Präsidenten gewählt worden. Was werden die Kommunisten dafür bekommen? Bis zu den Wahlen war die ODS von Vaclav Klaus die letzte bedeutende Kraft in der tschechischen Politik, die hier und dort die Legitimität der Kommunisten anzweifelte. Allerdings haben die Sozial- und Christdemokraten ebenso um die Stimmen der Kommunisten geworben, nur ungeschickter. Der Antikommunismus ist in der tschechischen Politik auf lange Sicht erledigt. Die ODS hat ihn den Präsidentschafts-Ambitionen ihres Ex-Vorsitzenden geopfert."