67. Eishockey-WM: Tschechien verpasst mit Platz 4 eine Medaille

Eishockey-WM: Tschechien - Slowakei (Foto: CTK)

Ahoi und herzlich willkommen zum Sportreport von Radio Prag. Am Mikrofon begrüßen Sie Gerald Schubert und Lothar Martin. Sollten Sie sich einmal Ende April oder Anfang/Mitte Mai in der Tschechische Republik aufhalten, da könnte es Ihnen zu einer gewissen Tageszeit durchaus passieren, dass Sie die entsprechende Stadt oder Gemeinde nahezu menschenleer vorfinden. Dann gibt es dafür nur eine Erklärung: Es ist Eishockeytime, und via TV wird gerade wieder ein Weltmeisterschaftsspiel unter Beteilung der tschechischen Nationalmannschaft übertragen! Nicht anders war es auch in diesem Jahr, bei der am letzten Sonntag gerade zu Ende gegangenen 67. Weltmeisterschaft, die diesmal in Finnland ausgetragen wurde. Möglicherweise kennen die meisten unter Ihnen, liebe Hörer, daher auch bereits den Ausgang dieser Titelkämpfe, aber wir wollen dennoch den Versuch starten, noch einmal ein wenig hinter die Kulissen dieser Sportart zu schauen, darüber, weshalb sie hierzulande so außerordentlich populär ist, und uns auch ein wenig mit der Zukunft beschäftigen, denn das nächste, das 68. Championat - das sei hier schon verraten - findet vom 24. April bis zum 9. Mai 2004 in Tschechien statt. An welchen Spielorten und zu welchen Preisen, das verraten wir Ihnen in wenigen Minuten.

Tschechischer Spieler Jan Hlavac  (Foto: CTK)
Seit der Teilung der Tschechoslowakei im Jahr 1993 ist die Tschechische Republik mit vier Gold- und drei Bronzemedaillen die erfolgreichste Nation bei den Weltmeisterschaften im schnellsten Mannschaftssport unseres Planeten. Zusammen mit den Slowaken haben die Tschechen seit der erstmaligen Ausrichtung einer WM im Jahre 1920 bereits insgesamt 41 Medaillen errungen: 10 goldene, 12 silberne und 19 bronzene. Eine tolle Bilanz, denn mehr Medaillengewinne kann kein anderes Land aufweisen, selbst Kanada nicht. Die Kanadier stehen jedoch nicht viel nach, haben es auf bisher 40 Medaillen gebracht, und nicht weniger als 21 davon leuchten gülden. Und die Tschechen, die zwischen 1998 bis zum Jahr 2001 nahezu unschlagbar waren, müssen aufpassen, denn neben den "Ahornblättern", die sich im Finale von Helsinki mit 3:2 nach Verlängerung gegen die Schweden durchsetzten, scheint ihnen ausgerechnet ihr früherer Partner und heutiger Nachbar, die Slowakei, das Wasser abzugraben. Denn im Spiel um Platz 3, dem "kleinen Finale" von Helsinki, mussten sie sich dem Weltmeister von 2002 mit 2:4 geschlagen geben. Dieses Ergebnis war gleichbedeutend mit der ersten Niederlage eines tschechischen Teams gegen die slowakische Vertretung bei einer Weltmeisterschaft. Und entsprechend stürmisch wurde diese Tatsache dann auch jenseits der Weißen Karpaten, zwischen Bratislava und Kosice gefeiert. Doch gehen wir der Reihe nach.

Tschechische Spieler und Slavomír Lener  (Foto: CTK)
Zur Weltmeisterschaft in Finnland ging die Tschechische Republik mit nicht weniger als 16 WM-Neulingen sowie einem neuen Auswahltrainer an den Start. Der smarte Slavomír Lener hatte den eher etwas kantigen Josef Augusta als Chefcoach abgelöst. Augusta konnte nach den drei aufeinander folgenden WM-Siegen der "Löwen" im Vorjahr mit seinem Team sowohl bei der Olympiade als auch bei der WM nur einen fünften Platz vorweisen. Zuwenig im eishockeyverrückten Tschechien, und so durfte Lener ran. Und der neue Mann hinter der Bande schien zunächst auch die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben für eine Rückkehr der Blau-Rot-Weißen auf das Medaillenpodest. Nach der Maxime: "Ich nominiere nur Spieler, die völlig fit sind und zudem ein inniges Verlangen danach haben, das Heimatland so erfolgreich als möglich zu repräsentieren", stellte Lener seinen Kader auf. Und die vielen jungen Burschen dankten es ihm scheinbar auf ihre Weise: Denn nach der Vor- und Zwischenrunde, in der jeweils sechs Begegnungen pro Mannschaft ausgetragen wurden, hatten die Cracks um Kapitän Robert Reichel noch keine einzige Partie verloren und waren somit souverän ins Viertelfinale eingezogen. Allerdings mit einem kleinen Wermutstropfen: Das abschließende 3:3 gegen die Slowakei kostete ihnen den Sieg in der Zwischenrundengruppe E, so dass die Tschechen in der Runde der letzten Acht anstatt gegen die Schweiz gegen Angstgegner Russland ran mussten. Wie dieser Vergleich ausging, das erfahren Sie gleich.

Eishockey-WM: Tschechien - Rußland  (Foto: CTK)
Das mit gemischten Gefühlen erwartete Viertelfinalspiel gegen Russland fand hierzulande die größte Aufmerksamkeit während der WM-Tage von Finnland. Denn bei diesem Match, das am Mittwoch vergangener Woche in Turku stattfand, schauten nicht weniger als 1,5 Millionen Tschechen via Fernsehen zu. Und was sie sahen, war vom Allerfeinsten. Denn die bis in die Haarspitzen motivierten Schützlinge von Slavomír Lener ließen ihrem russischen Kontrahenten diesmal keine Chance und gewannen nach überzeugender Vorstellung klar und sicher mit 3:0. Nach dieser Begegnung aber schossen die Wünsche und Hoffnungen vieler Tschechen gleich wieder ins Kraut. Auch wenn der Halbfinalgegner die bis dahin ebenso noch ungeschlagenen Kanadier waren, die meisten träumten hierzulande bereits vom Endspiel. Nicht so Trainer Lener, der sich vor der Partie von den "Ahornblättern" ein ziemlich detailliertes Bild gemacht hatte:

Foto: CTK
"Kanada hat hier bei der WM ein sehr junges Team, das vor allem läuferisch und schlittschuhtechnisch ein sehr reifes ist. Die Kanadier haben zudem einen ausgezeichneten Goalie, sie sind hervorragend bei Standardsituationen und haben das beste Überzahlspiel. Die Erfolgsquote von 98 Prozent spricht für sich ebenso wie ihre erstklassige Ausbeute beim Bully. Also das hier ist ein völlig anderes kanadisches Team, als wir es von früheren Weltmeisterschaften gewohnt sind."

Und auch Kapitän Robert Reichel lobte die Kanadier in hohen Tönen:

"Ganz sicher sind sie hierher zur WM gekommen, um den bestmöglichen Erfolg zu erzielen. Ich denke, sie gehen hier in Finnland mit einer ganz anderen Einstellung heran als zum Beispiel die Amerikaner. Die US-Boys sind nur halbherzig übers Eis geschlittert und wollten ein bisschen Eishockey spielen. Die Kanadier hingegen wollen es allen zeigen, und darin liegt die Stärke dieser Mannschaft."

In der Tat, die Stärke der Kanadier bestand auch im schonungslosen Aufdecken und Ausnutzen von Abwehrfehlern des Gegners. Und dies bekamen die Tschechen dann auch ganz deutlich zu spüren im Halbfinalmatch, das sie klar mit 4:8 verloren. Acht Gegentore bekamen tschechische bzw. tschechoslowakische Spieler bei einer WM zuletzt 1981 eingeschenkt, als das damalige CSSR-Team gegen die UdSSR mit 1:8 unterging.

Tschechien - Slowakei  (Foto: CTK)
Der Aufprall war hart und unerfreulich, denn keine 24 Stunden später stand bereits die nächste und letzte Partie für die Reichel, Straka & Co. auf dem Programm - das Spiel um Bronze, und das ausgerechnet gegen die um ihre weitere internationale Anerkennung bemühten Slowaken. Dieser Vorsatz und dieser entsprechende Wille waren im Spiel letztlich bei den Slowaken stärker ausgeprägt, was auch Robert Reichel nach der 2:4-Niederlage seiner Mannen nicht anders sah:

"Das Spiel war äußerst schwer. Am Anfang haben wir viele Fouls begangen, die Slowaken gingen in Führung und standen sehr gut in der Abwehr, so dass wir es schwer hatten, ihr Tor zu gefährden. Sie haben mit mehr Herz gespielt und deshalb gehört ihnen die Bronzemedaille auch verdientermaßen."

Ja, die fest erhoffte Medaille blieb auch diesmal aus für Tschechien, und das nun zum dritten Mal in Folge. Entsprechend kehrte auch wieder Ernüchterung ein im Land der Bubníks, Hlinkas und Jágrs. Aber schon im nächsten Jahr soll es wieder anders werden. Denn dann steigt die 68. Weltmeisterschaft in Prag und Ostrava/Ostrau. In der noch im vollen Bau befindlichen neuen Sazka-Arena soll dabei am 9. Mai 2004 das Finale stattfinden. Allerdings mit den für tschechische Verhältnisse gepfefferten Preisen von 3000 bis 6000 Kronen (ca. 100 bis 200 Euro) für eine Eintrittskarte! Da man aber hierzulande fest darauf vertraut, dass die "tschechischen Löwen" sich bis in dieses durchbeißen, beginnen einige Fans bereits jetzt zu sparen.

Und wir auch, nämlich an Sendezeit, denn die ist leider schon wieder zu Ende. Daher danken wir für Ihre Aufmerksamkeit, vom Mikrofon verabschieden sich: Gerald Schubert und Lothar Martin.