Erster Hochschulprotest seit 1989

Hochschulprotest (Foto: CTK)

Zum ersten Mal seit der Wende von 1989 rufen die Hochschulen Tschechiens zu einem geschlossenen Protest gegen die Regierung auf. Für den Mittwochnachmittag wurde ein Protestumzug durch die Straßen der Hauptstadt bis vor das Abgeordnetenhaus des tschechischen Parlaments einberufen, den sowohl Hochschulpädagogen als auch Studenten unterstützen. Die Lage sei sehr ernst, und es bleibe keine andere Möglichkeit als der öffentliche Protest, sind sich Gewerkschafter und akademische Funktionäre einig. Marketa Maurova berichtet.

Hochschulprotest  (Foto: CTK)
Die tschechischen Hochschulen könnten wegen chronischen Geldmangels ihre Konkurrenzfähigkeit in der Welt verlieren, warnen die Akademiker. Der Vorsitzende der Konferenz der Hochschulrektoren, Ivan Wilhelm, meint:

"Dies sollte die politische Repräsentanz bitte in Betracht ziehen. Ich weiß nicht, wohin anders als in unsere Kinder wir Geld investieren sollten."

Was genau nun diese Konkurrenzfähigkeit behindert und was im Rahmen der geplanten Reform geändert werden sollte, das erklärte uns der Chef der Hochschulgewerkschaften, Frantisek Bartak:

Hochschulprotest  (Foto: CTK)
"Erstens die Struktur der Ausbildung. D.h. Studienprogramme müssen reformiert werden, und sie müssen so kombiniert werden können, dass ein Student einen Teil seines Studiums in Prag und den anderen an einer anderen Hochschule Europas verbringen kann. Und die zweite Bedingung ist die Mobilität der Studenten und Pädagogen, d.h. die materielle Fähigkeit, das Personal auszutauschen. Anders gesagt, wenn heute ein Hochschulpädagoge aus den EU-Ländern hier arbeitet, dann handelt es sich mehr oder weniger um eine missionarische bzw. karitative Aktivität, weil eine tschechische Hochschule mit ihrem Standardhaushalt nicht imstande ist, diese Leute adäquat zu bezahlen."

Die Hochschulen sollten im kommenden Jahr eine Reform starten, bekamen jedoch die dafür versprochenen Finanzen nicht. Was man mit dem jetzigen Protest erwirken möchte, dazu Frantisek Bartak:

"Im Moment handelt es sich um einen Protest, der hauptsächlich eine symbolische Botschaft hat, denn die Behandlung des Staatshaushalts ist so weit fortgeschritten, dass man daran nicht mehr vieles ändern kann."

Dem Vorsitzenden des Hochschulgewerkschaftsverbands zufolge sind nicht Verhandlungen über konkrete Millionensummen, sondern eine grundsätzliche Änderung der Betrachtung des Hochschulwesens von Bedeutung. Die Frage nach einer konkreten Summe beantwortete er folgendermaßen:

"Ich bin damit einverstanden, dass etwa das Doppelte des heutigen Betriebhaushalts der Hochschulen eine ernsthafte Änderung bringen würde. Das Budget, wenn ich Investitionsmittel nicht dazu zähle, bewegt sich um etwa 8 Milliarden Kronen, d.h. das Doppelte wäre eine seriöse Lösung der Situation. Andererseits ist offenbar, dass der erforderliche Stand nicht von einem Tag auf den nächsten erreicht werden kann. Es ist aber nötig, dass die Politiker sagen: ja, dies ist eine sehr wichtige Priorität, und wir werden in bestimmten Etappen fortschreiten. Dann kann man verhandeln, ob eine Etappe angemessen ist oder nicht, aber es ist klar, dass dies keine Frage eines Haushalts ist, sondern eine prinzipielle Frage der Veränderung. Diese kann nicht kurzfristig sein."