"Lidice - die Geschichte eines tschechischen Dorfes"

Anna Nesporova

Die Geschichte des mittelböhmischen Dorfes Lidice ist weltweit bekannt: Die Nazis rotten im Juni 1942 diese Gemeinde unter dem Vorwand aus, ihre Bürger hätten mit den Attentätern von Reichsprotektor Reinhard Heydrich zusammengearbeitet. Häuser wurden dem Erdboden gleichgemacht, Männer vor Ort erschossen und Frauen und Kinder in KZs verschleppt. Diese Tragödie wird in einem neuen Buch mit dem Namen "Lidice - die Geschichte eines tschechischen Dorfes" aus einer neuen Perspektive geschildert. Markéta Maurová stellt Ihnen das Buch vor.

Anna Nesporova
Zahlreiche Dokumentationen sind bereits über Lidice entstanden. In diesen Tagen bekommen die Leser eine neue Publikation mit 880 Fotographien in die Hand, die sich auf die ganze Geschichte der Gemeinde, nicht nur jene tragischen Ereignisse des Jahres 1942 konzentriert. Ihr Autor, Eduard Stehlik vom Institut für Militärgeschichte in Prag, erklärt, was seine Arbeit von den bereits existierenden Büchern über Lidice unterscheidet:

"Alle diese Bücher haben nur über die Tragödie erzählt. Ich glaube dass die Tragödie und der Umfang der Barbarei nur daran gezeigt werden können, wenn die Leser damit bekannt gemacht werden, wie Lidice aussah, wie man hier lebte und wer hier lebte. Wir sagen, wie die einzelnen Menschen aus Lidice hießen, wie alt sie waren, was für einen Beruf sie hatten, wo sie arbeiteten, sowie dass sie auch ein normales Leben mit normalen Sorgen gelebt hatten. Bis zu jenem schicksalhaften Juni 1942."

Eduard Stehlik
Die Idee, ein neues Buch über Lidice zu schreiben, wurde vor zwei Jahren geboren, als die Gedenkstätte Lidice und das Institut für Militärgeschichte eine Ausstellung über das Attentat auf den Reichsprotektor Reinhard Heydrich vorbereiteten. Aus diesem Anlass wurde eine Reihe von Fotographien und Dokumenten versammelt, die sich etwa im Privatbesitz der Verwandten der Lidice-Bewohner befanden und bisher unbekannt waren.

"Die größte Entdeckung war für mich eine Sammlung von dreißig Fotografien, die ein tschechischer Gendarm unmittelbar nach der Niederbrennung und Ausrottung des Dorfes in Lidice gemacht hatte. Da die Deutschen für eine so riesige Operation nicht genug Männer hatten, beriefen sie unter Todesdrohung tschechische Gendarmen ein, die die Umgebung von Lidice bewachen sollten. Einer von ihnen hat trotz riesiger Bedrohung geheim seinen Fotoapparat mitgebracht und in Todesgefahr und mit Hilfe einiger Kollegen einzigartige Aufnahmen gemacht. Es gelang mir erst im vergangenen Jahr, sie zu entdecken."

Das Buch "Lidice - die Geschichte eines tschechischen Dorfes" wurde auf Tschechisch und Englisch herausgegeben. Eine deutsche Version wird vorbereitet.